TV-Tipp: "Wendehammer"

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27. Juli, ZDF, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Wendehammer"
Die Geschichte rund um vier Freundinnen und ihre Selbstjustiz findet in der zweiten Staffel eine kurzweile Fortsetzung, dank vieler Überraschungseffekte. So taucht der Tote vermeintlich wieder auf.

Vier Jugendfreundinnen hüten seit zwanzig Jahren ein dunkles Geheimnis: Das war der erzählerische Kern der letztjährigen Serie "Wendehammer". Nun zeigt das ZDF eine zweite Staffel, die inhaltlich auf den ersten Blick nicht viel Neues zu bieten hat. Nach wie vor fürchten die Frauen, allesamt Anfang vierzig, dass rauskommen könnte, was sie einst vertuscht haben, als ein junger Mann einen Vergewaltigungsversuch mit dem Leben bezahlen musste; die Leiche haben sie damals kurzerhand auf dem Grund eines Sees deponiert.

Als der Pegel infolge eines Bauprojekts sank, drohte die Wahrheit buchstäblich ans Licht zu kommen. Weiterer Handlungsauslöser war der Zuzug einer Nachbarin im titelgebenden Wendehammer, die dem Geheimnis auf die Spur kam, aber zur Fünften im Bunde wurde und schließlich die Bauarbeiten stoppen konnte. Für die Fortsetzung nutzt Chefautorin Alexandra Maxeiner den dramaturgischen Kniff erneut. Die Identität der Figur, die diesmal Bewegung ins etablierte Ensemble bringen soll, ist allerdings ein echter Knüller: Der Tote kehrt zurück.

Selbstredend kann es sich bei dem Mann, der angeblich vor zwei Jahrzehnten nach Kolumbien ausgewandert ist und seit einem Unfall unter partiellem Gedächtnisverlust leidet, unmöglich um den echten Hagen Steinert handeln, denn dessen sterbliche Überreste ruhen nachweislich nach wie vor im See; aber außer den vier Freundinnen Meike (Meike Droste), Franziska (Susan Hoecke), Nadine (Friederike Linke) und Samira (Elmira Rafizadeh) weiß das natürlich niemand.

Mit Hilfe eines Tricks kann der Betrüger (Daniel Drewes) sogar nachweisen, dass er wirklich der ist, der er zu sein vorgibt, aber Hagens Mutter (Claudia Rieschel) ist auch ohne Beweis allzu gern überzeugt. Ganz im Gegensatz zum Erstgeborenen: Bauunternehmer Markus Steinert (Heikko Deutschmann) hat keinen Zweifel daran, dass es sich bei dem vermeintlichen Heimkehrer um einen Erbschleicher handelt. Umso größer ist die Freude von Mona (Nele Trebs), Nadines Kollegin bei der örtlichen Tageszeitung: Sie ist Hagens heimliche Tochter. 

Diese Ebene ist durchaus fesselnd, zumal Maxeiner ein weiteres Spannungselement ins Spiel bringt: Als Samira die Knochen vorsichtshalber aus dem See holt, um sie anderweitig zu entsorgen, landet der Schädel nach allerlei Umwegen schließlich beim angeblichen Hagen. Der Schwindler ahnt, was sich damals ereignet hat, und wittert eine Gelegenheit, um an noch mehr Geld zu kommen. Schon allein die Idee mit dem "Wanderpokal" funktioniert prächtig: Dank einer PR-Initiative der Stadtverwaltung kursieren eine Menge Jutebeutel mit albernem Aufdruck, weshalb die Tasche mit dem Schädel ständig verwechselt wird.

Es sind vor allem viele Überraschungen dieser Art und einige witzige Ideen am Rande, die auch die zweite Staffel zu einem kurzweiligen Vergnügen machen, selbst wenn die Drehbücher ansonsten viel Zeit auf der Beziehungsebene verbringen. Neu ist in dieser Hinsicht allerdings allein eine Liaison mit Hindernissen: Die antisentimentale Ärztin Samira hat sich in einen Kollegen (Marc Ben Puch) verliebt, will sich das jedoch zu dessen zunehmender Verbitterung nicht eingestehen. Die entsprechenden Szenen sind pure romantische Komödie und sehr schön gespielt.

Auch bei den Freundinnen läuft es nicht optimal: Meike ist mittlerweile Bürgermeisterin und hat keine Zeit mehr für ihre Familie, Franzi und ihr Anwaltsgatte Kai (Max von Pufendorf), dem eine große Geldsumme abhanden gekommen ist, weshalb er unter erheblichem Druck steht, haben sich ohnehin nicht mehr viel zu sagen, und Nadine stellt fest, dass ihre Ehe immer dann am besten funktioniert, wenn Koch Hannes (Timo Jacobs) in der Ferne weilt.

Abgesehen von der Krimiebene sind die Erlebnisse Meikes mit Abstand am interessantesten. Die zweifache Mutter hat sich reichlich blauäugig in ihr kommunalpolitisches Abenteuer gestürzt, nun ergeht es ihr ähnlich wie aktuell den Grünen: Ihre Ideale zerschellen an der normativen Kraft des Faktischen, denn die Kleinstadt hat kein Geld, um ihre Pläne für eine neue Kita zu finanzieren

Notgedrungen muss sie sich auf eine Allianz ausgerechnet mit Markus Steinert einlassen, aber der Bauunternehmer erwartet selbstverständlich eine Gegenleistung; Heikko Deutschmann ist ein weiterer Einschaltgrund. Die vier Hauptfiguren sind dagegen stellenweise überzeichnet. Wenn ihre Darstellerinnen dann auch noch zu dick auftragen, wirkt das prompt kontraproduktiv. Sehenswert ist allerdings die Arbeit der Gewerke Szenen- und Kostümbild: Einrichtung und Kleidung entsprechen perfekt dem jeweiligen Naturell.