TV-Tipp: "Friesland: Fundsachen"

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22. Oktober, ZDF, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Friesland: Fundsachen"
Gelungene Krimikomödien lassen allenfalls erahnen, wie schwierig die Balance ist, wenn eine Handlung gleichermaßen fesselnd wie erheiternd sein soll; misslungene Filme offenbaren ihre Schwächen dagegen gnadenlos.

Ein passender Qualitätsmaßstab für die sechzehnte "Friesland"-Episode ist daher "Bis aufs Blut" (Laufnummer 13), zumal die Autorin Mariann Kaiser in beiden Fällen die gleiche ist: Der frühere Film war nur mäßig heiter und völlig unspannend; das Drehbuchdebüt der "Friesland"-Producerin wirkte zwar handlungs- und wendungsreich, war aber im Grunde ereignisarm. "Fundsachen" ist dagegen auch dank der Umsetzung durch den "Wilsberg"-erfahrenen Regisseur Dominic Müller, der bereits die 2014 und 2015 ausgestrahlten ersten beiden "Friesland"-Folgen inszeniert hat, eine rundum gelungene Krimikomödie, die gleichermaßen durch feine Dialoge wie durch eine knifflige Story überzeugt. 

Die Handlung beginnt mit dem obligaten Leichenfund: Yunus (Yunus Cumartpay), der Bruder von Polizistin Süher Özlügül (Sophie Dal), entdeckt eine männliche Leiche am Strand. Partikel an den Schuhen des Opfers führen Süher und ihren Kollegen Henk Cassens (Maxim Mehmet) zu einem zwielichtigen Unternehmer (Hendrik von Bültzingslöwen), der "Entrümpelungen aller Art" (wie der Arbeitstitel lautete) durchführt. Der Mann gibt an, den erschlagenen Toten in einem seiner Baucontainer entdeckt und kurzerhand am Strand entsorgt zu haben; moralisch sicherlich fragwürdig, aber letztlich bloß eine Ordnungswidrigkeit. Zur gleichen Zeit soll sich Bestatter Habedank (Holger Stockhaus) um die sterblichen Überreste von Bootshändler Freese kümmern.

Der Tote vom Strand, ein bulgarischer Hilfsarbeiter, landet ebenfalls im Beerdigungsinstitut. Weil Apothekerin und Hobbyforensikerin Insa Scherzinger (Theresa Underberg) die Strandleiche untersuchen möchte, bevor sie in die Rechtsmedizin abtransportiert wird, vertauscht sie kurzerhand die Särge. Bei der ungeplanten Obduktion Freeses stellt sich raus, dass der allseits unbeliebte Geschäftsmann ebenfalls nicht freiwillig aus dem Leben geschieden ist. Der Bootshändler war nach einem Schlaganfall ein Betreuungsfall, weshalb niemand bezweifelt hat, dass er "normal tot" war, wie seine Pflegerin beteuert. Dank der Sargrochade wandelt sich die bis dahin nicht weiter aufregende Geschichte zu einem überraschend vielschichtigen Krimi, der nicht zuletzt von der Frage lebt, was die beiden Morde miteinander zu tun haben. Nebenbei findet die Autorin auch noch Zeit, um die Missstände im Pflegebereich zu beklagen.

Müller, dessen viele "Wilsberg"-Beiträge bis auf einen Ausreißer nach unten ausnahmslos sehenswert waren, hat das Drehbuch mit einer sympathischen Leichtigkeit inszeniert. Wo es passt, sorgen flotte kurze Schnittfolgen für Tempo und clevere kleine Spannungsspitzen für Nervenkitzel. Auch filmisch haben der Regisseur und sein Kameramann Simon Schmejkal durch schräge Perspektiven an der richtigen Stelle immer wieder Akzente gesetzt. Weil Kaiser durch ihre langjährige "Friesland"-Mitarbeit natürlich bestens mit den Figuren vertraut ist, kann sie zudem mit den Merkmalen der Reihe spielen: Hauptkommissar Brockdorf (Felix Vörtler) hat wieder mal begründeten Anlass zu der Hoffnung, sein unfreiwilliges Exil in Leer beenden zu dürfen, und stellt Süher in Aussicht, seine Nachfolgerin zu werden. Voraussetzung ist allerdings, dass der Fall reibungslos aufgeklärt wird; und selbstredend geht prompt eine Menge schief. 

Da Kaisers Drehbuch allen Ensemblemitgliedern ihre Momente beschert, wirken die Mitwirkenden besonders motiviert. Vermutlich macht die Arbeit ohnehin mehr Spaß, wenn die Dialoge bühnenreif sind. In dieser Hinsicht ist der Film eine wahre Freude, zumal die originellen Einzeiler – "Die Arbeit kommt, wenn einer geht" (Habedank) – stets wie aus dem Ärmel geschüttelt wirken. Basis der entsprechenden Gespräche sind oft Einfälle wie beispielsweise Yunus’ Projekt "Rent-a-Coffin", das der sparsamen Witwe Freese (Julia Jäger) sehr zupass kommt: Der luxuriöse Sarg enthält eine billige Sperrholzkiste, die am Ende in der Erde verschwindet; "mehr Schein als Schrein", bringt Habedank die Geschäftsidee auf den Punkt. Natürlich machen die Sarkasmen von Brockhaus ebenfalls großen Spaß, zumal der Hauptkommissar mit seinem schmuddeligen Trenchcoat ansonsten nicht nur als Dilettant auf dem Golfplatz eher ein Ritter von der traurigen Gestalt ist; aber die kleinen Pointen, die mit ein bisschen Verspätung zünden, weil man erst mal um die Ecke denken muss, sind auch intellektuell erfrischend.