Die erste weibliche Tipp-Kick-Fussballerin sorgt für Debatten

Die erste weibliche Tipp-Kick-Fussballerin sorgt für Debatten
Tipp-Kick ist fest in Männerhand. Da liegt es nahe, dass auch die Figuren männlich aussehen. Doch nach 85 Jahren Figurenproduktion wagt sich ein Hersteller an weibliche Tischfußball-Figuren. "Eine neckische Idee", mag sich da manch einer Spieler denken.
22.02.2010
Von Michael Ruffert

Ihr Mund ist ein kurzer roter Strich, die dunklen Haare hängen lang über die Schultern. Brüste sind nur sanft angedeutet. "Tipp-Kick darf nicht sexistisch sein", sagt Mathias Mieg, Inhaber der Firma, die seit 1924 in Villingen-Schwenningen im Schwarzwald Tischfußball-Figuren produziert. Jetzt kommt nach 85 Jahren die erste weibliche Tipp-Kick-Figur auf den Markt, nach langen Gesprächen und vielen Vorentwürfen.

Der Mechanismus funktioniert genau wie bei den Tipp-Kick-Männern - durch einen kleinen Tipp auf einen Knopf über dem Kopf macht das Schussbein einen "Kick" und schießt den Ball über die Filzspielfläche. Bei der weiblichen Figur kam es den Designern darauf an, "dumme sexistische Witze" zu vermeiden. "Die Figur wird während des Spiels häufig angefasst, deshalb haben wir Modelle mit großer Oberweite verworfen", sagt Mieg. Auch blond habe die Spielerin nicht gut ausgesehen, meint der Firmenchef. Auf die jetzige sportliche Figur konnte man sich einigen.

Seit 2006 viele Frauen unter den Fans

Mieg räumt ein, dass die Entscheidung für die Produktion einer Tipp-Kick-Frau lange gedauert hat. Denn das Tischfußball-Spiel ist bislang fast reine Männer- oder Jungensache. "Zu mehr als 90 Prozent spielen Väter Tipp-Tick mit ihren Söhnen", sagt Mieg. Das ändere sich erst langsam.

Doch auch dem Unternehmer fiel auf, dass bei der Männerfußball-WM 2006 viele Frauen unter den Fans waren. Der Fußball ist keine reine Männerwelt mehr. Die deutsche Damen-Fußballnationalmannschaft reiht längst einen WM- und EM-Titel an den nächsten. Und im Jahr 2011 findet die Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen in Deutschland statt.

Die ersten Tipp-Kick-Frauen sind bereits produziert, die Auflage liegt bei 10.000 Stück. Ab September werden die Spielerinnen im Handel erhältlich sein. Als sportliche Bekleidung trägt Frau Tipp-Kick das deutsche oder das brasilianische Nationaltrikot. "Weil das auch im Damenfußball der Klassiker ist", sagt Mieg.

Das Design der neuen Spielfigur wird auch unter ambitionierten Tipp-Kickern mit Interesse beobachtet. Denn das einstige Kinderspiel hat sich längst zu einem Vereinssport entwickelt. In der Bundesliga, der 2. Bundesliga, der Regionalliga und den Verbandsligen kämpfen jeweils Vierermannschaften um Siege und Titel.

"Neckische Idee"

Normann Koch spielt bei Concordia Lübeck und ist mehrfacher Deutscher Meister. Die Tipp-Kick-Frau sei eine "neckische Idee", sagt er. Bislang hat Koch die Figur noch nicht in der Hand gehabt, will sie aber "mal ausprobieren". Aber natürlich nicht im ernsthaften Spiel oder Wettkampf. Da verstehen Tipp-Kick-Spieler keinen Spaß. Sie präparieren ihre Figuren selbst, das Schussbein wird mit einer Feile so bearbeitet, dass der Ball mehr Speed und Drall bekommt. Oft werden verschiedene Spielfiguren für unterschiedliche Schusstechniken verwendet.

Ein Spiel dauert zwei Mal fünf Minuten, alle sieben Sekunden muss geschossen werden. "Meine eigenen Spielfiguren nutze ich seit einer Ewigkeit", sagt Koch. Da gebe es keine Experimente.

Die Tipp-Kick-Frau entspricht zudem voraussichtlich nicht den strengen Regeln der Tipp-Kick-Ligen. "Sie ist im Brustbereich wohl doch etwas breiter und nimmt im Abwehrbereich mehr Fläche ein", sagt Sebastian Krapoth, Präsident des Deutschen Tipp-Kickverbandes. Zudem sei die Torfrau etwas kleiner als der Tormann. Auf den 126 x 86 Zentimeter großen Filzspielflächen der Tipp-Kick-Ligen wird die weibliche Figur also wohl vorerst nicht zum Einsatz kommen.

Schussbein präparieren

Das findet Birgit Kirschner nicht so schlimm, denn natürlich verwendet auch sie nur ihre eigenen drei Spielfiguren. Die 27-Jährige aus dem Allgäu ist mehrfache deutsche Meisterin im Tipp-Kick und eine der wenigen Liga-Spielerinnen. "Unter den fast 800 Vereinsspielern sind vielleicht 20 Frauen", schätzt sie - und keine von ihnen spielt in der Bundesliga.

Kirschner selbst ist für ATK Abartika Aitrach in der Regionalliga aktiv, in ihrer Mannschaft sind sonst nur Männer. Sie begrüßt, dass es endlich eine weibliche "Tipp-Kick-Figur" gibt - das sei ein Zeichen von Emanzipation und gute Werbung für den Frauenfußball.

Und Birgit Kirschner kann sich sogar vorstellen, auch mal die weibliche Figur einzusetzen - wenn es die Regeln erlauben und das Schussbein entsprechend präpariert wird, um gegenüber den männlichen Figuren zu bestehen.

epd