Theologin: Es geht auch ohne "Blackfacing"

Die heiligen drei Könige auf E-Rollern
epd-bild/Tim Wegner
Viele sähen in dem Brauchtum, das vielfaltsfreundlich gerechtfertigt wird, oft kein Problem, sagt die Theologin Vecera. "Denn natürlich steht dahinter eine gute Intention". Doch die Außenwirkung der Kirche auf schwarze Kinder sei eine andere.
Brauchtum und Sternsinger
Theologin: Es geht auch ohne "Blackfacing"
Die Theologin Sarah Vecera hat kurz vor der jährlichen Sternsinger-Aktion rund um den Dreikönigstag an christliche Gemeinden appelliert, etwa den Brauch des "Blackfacing" zu hinterfragen. "Für schwarze Menschen ist es verletzend, wenn Schwarzsein als Kostüm betrachtet wird und sich weiße Menschen das Gesicht schwarz anmalen", sagte Vecera dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Zwar klärte das Kindermissionswerk "Sternsinger" selbst darüber auf und rate auch davon ab. Doch an der Kirchenbasis sei dieser Brauch immer noch Usus.

Das Kindermissionswerk "Sternsinger" steht hinter der jährlichen Sternsinger-Aktion, in der Tausende Kinder von Haus zu Haus ziehen, Segen bringen und Spenden für Kinder in Not sammeln. Sie habe sich im vergangenen Jahr selbst als Helferin angeboten, weil ihre eigenen Kinder bei der Aktion mitmachen wollten, sagte Vecera. Die Intention der Sternsinger-Spendenaktion sei grundsätzlich gut: Die Botschaft laute, Gott sei für alle Menschen Mensch geworden - unabhängig von ihrer Herkunft.

Aber die Darstellung der Heiligen Drei Könige basiere auf keiner biblischen Grundlage, weder sei die Anzahl überliefert, noch seien es Könige, sondern Weisen aus dem Morgenland gewesen. Sie stünden für die im Mittelalter bekannten drei Erdteile, Europa, Asien und Afrika. Diese Darstellung sei insofern auch problematisch, weil sie später die Rassenlehre der Kolonialzeit verfestigt habe, sagte Vecera. Die Farblehre von weißen, gelben und schwarzen Menschen spiele bei der Konstruktion der Rassenlehre im 18. Jahrhundert eine Rolle.

"In einer Migrationsgesellschaft geht die Darstellung von Hautfarbe gleich Herkunft nicht auf, wenn wir 43 Prozent Kinder und 26 Prozent Erwachsene mit Migrationshintergrund in unserer Gesellschaft haben", sagte Vecera.

Mit der Sternsinger-Aktion werde Kindern zum Teil vermittelt, dass weiße Menschen reich und schwarze Menschen arm seien. Auch hier gäben sich die Macher sehr viel Mühe, diese Stereotype nicht zu reproduzieren. "Doch an der Basis kommt auch das oft nicht an." Vecera sagte, sie kenne das noch aus ihrer Kindheit, als sie andere schwarze Kinder wie sie nur auf Spendenplakaten wahrgenommen habe. "Das wollen wir heute unseren Kindern nicht mehr vermitteln."

Stereotype würden auch durch "Blackfacing" reproduziert. Die meisten wüssten nicht, dass der Brauch auf sogenannte Minstrel Shows zurückgehe. Diese Shows gab es vor allem in Nordamerika im 19. Jahrhundert. Darin seien weiße Menschen mit schwarzgefärbten Gesichtern aufgetreten, um afro-amerikanische Menschen "zu karikieren, zu entwürdigen und zu exotisieren".

"Viele sehen in diesem harmlosen Brauchtum, das vielfaltsfreundlich gerechtfertigt wird, oft kein Problem. Denn natürlich steht dahinter eine gute Intention", sagte Vecera. Doch die Außenwirkung der Kirche auf beispielsweise schwarze Kinder sei eine andere. "Eigentlich will die Kirche sich als Teil der Migrationsgesellschaft verstehen, durch solche Aktionen erzeugt sie bei schwarzen Familien aber Verletzungen."

Vecera schlug vor, mehr Kinder mit Migrationshintergrund einzuladen, selbst Sternsinger zu sein. Außerdem müssten die rassismuskritischen Materialien der Sternsinger auch den Ehrenamtlichen bekannt gemacht werden.
Die Theologin und Religionspädagogin Vecera ist bei der Vereinten Evangelischen Mission (VEM) in Wuppertal Bildungsreferentin mit dem Schwerpunkt "Rassismus und Kirche". Sie ist Autorin des Buches "Wie ist Jesus weiß geworden? Mein Traum von einer Kirche ohne Rassismus" und Initiatorin der "Alle-Kinder-Bibel".