Antisemitismus bei jungen Menschen bekämpfen

"Hamas kills Palestine" auf Wand
© Christoph Soeder/dpa
Der Vorsitzende der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus, Dervis Hizarci, fordert, bei der Bekämpfung von Antisemitismus, nach den Informationsquellen junger Menschen zu fragen und aufzuklären.
Berliner Experte
Antisemitismus bei jungen Menschen bekämpfen
Der Vorsitzende der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (KIgA), Dervis Hizarci, fordert dazu auf, bei der Bekämpfung von Antisemitismus besonders auf junge Menschen zuzugehen. Diese könnten etwa mit Fragen nach deren Informationsquellen erreicht werden, sagte er im Gespräch. Ihnen müsse zunächst der Wille signalisiert werden, sie verstehen zu wollen.

Hizarci mahnte, potenzielle Dialogpartner nicht unter Generalverdacht zu stellen und ihnen eine Nähe zu Terror zu unterstellen. Selbst Menschen mit antisemitischen Einstellungen müssten erreicht werden können.

"Wenn man sagt, mit dir rede ich nicht, weil du zum Beispiel ein Problem mit Israel hast, dann verhindere ich den notwendigen Austausch", sagte der ehemalige Antidiskriminierungsbeauftragte der Berliner Bildungsverwaltung: "Unser Ziel ist, dass unser Gegenüber sich von problematischen Positionen emanzipiert."

Es führe kein Weg daran vorbei, auf Menschen zuzugehen, so Hizarci. Das sei ein langwieriger Prozess. Abstand bedeute bei Konfliktsituationen, "dass aus der Distanz eine Feind-Freund-Positionierung wird", die zu Eskalation tendiere.
Entscheidungsträger, Journalisten und Politiker sollten laut Hizarci mit unterschiedlichen Menschen zusammenkommen und unterschiedliche Positionen "aus erster Hand" hören. "Man muss gegebenenfalls etwas aushalten, um zu verstehen, worum es geht, sprich, was das eigentliche Anliegen ist. Geht es um Palästina oder die Hamas? Geht es um die Kritik an einzelne politischen Maßnahmen Israels oder um blanken, bösartigen Juden- und Israelhass", so der KIgA-Vorsitzende. Für die Bekämpfung von Antisemitismus sei auch Austausch wichtig und das Verständnis, aufgrund welcher Erfahrungen bestimmte Positionen vertreten werden.

Hizarci vermutet, dass es bei pro-palästinensischen Demonstrationen auch darum geht, etwas Identitätsschaffendes zu finden und zusammenzukommen, um die eigene Sicht zu kommunizieren: "Da ist die Verurteilung der Hamas offensichtlich nicht identitätsstiftend."

Hizarci rief alle Muslime auf, sich vom Hamas-Terror zu distanzieren und sich positiv einzubringen. Dafür habe er viele positive Rückmeldungen, aber auch Hass-Reaktionen bekommen. "Die Realität ist immer differenzierter, mehrdeutiger, vielschichtiger als wir es wahrhaben wollen, insbesondere in Zeiten von Polarisierung", sagte der KIgA-Vorsitzende. Für sein Engagement gegen Judenhass und für den jüdisch-muslimischen Dialog wurde er mit dem Bundesverdienstorden ausgezeichnet.