TV-Tipp: "Merz gegen Merz: Hochzeiten"

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28. September, ZDF, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Merz gegen Merz: Hochzeiten"
Das Drehbuch für diese Komödie stammt von Ralf Husmann, der für "Stromberg" (2006) und "Dr. Psycho" (2008) mit dem Grimme-Preis geehrt wurde. Das Etikett "Boulevardkomödie" ist im Zusammenhang mit TV-Produktionen oft nicht nett gemeint, aber "Merz gegen Merz" ist bester Boulevard: temporeich, spritzig, witzig sowieso.

Natürlich ist eine Scheidung nicht komisch, und Scherze über Demenz sind in der Regel geschmacklos. Dass ein junger Mann dem Druck des Medizinstudiums nicht standhält und die Vorlesungszeit lieber in der Spielhalle verbringt, ist ebenfalls traurig. Dann erfährt eine Frau auch noch, dass sie vorzeitig von den lästigen Begleiterscheinungen der Wechseljahre heimgesucht wird, und schließlich kippt ein Mann buchstäblich aus den Latschen, als die Gattin ihm ausgerechnet anlässlich der Goldenen Hochzeit offenbart, dass sie schon seit Jahren so etwas Ähnliches wie eine Affäre hat. Alles nicht lustig; und gerade deshalb der perfekte Stoff für eine Komödie, in der nahezu sämtliche Dialoge dem Austausch von Bosheiten dienen und jeder Satz sitzt. 

Das wiederum ist keine Überraschung, schließlich stammt das Drehbuch von Ralf Husmann, für "Stromberg" (2006) und "Dr. Psycho" (2008) mit dem Grimme-Preis geehrt. Bemerkenswert ist allerdings, wie es ihm gelungen ist, einer eigentlich längst auserzählten Handlung neue Seiten abzugewinnen, schließlich hat er seit 2019 bereits in drei Staffeln vom Rosenkrieg des Ehepaars Merz erzählt; nun folgt mit "Hochzeiten" erstmals ein Fernsehfilm.

Wer die bisherige Geschichte nicht kennt oder die letzte Staffel nicht gesehen hat, fühlt sich zunächst jedoch wie ein Zaungast beim Fest einer fremden Familie. Der Eindruck legt sich allerdings bald, weil sich die Zusammenhänge rasch erschließen: Erik und Anne Merz wollten sich schon in der ersten Staffel einvernehmlich trennen, mussten sich jedoch angesichts diverser Herausforderungen, die sich nur gemeinsam bewältigen ließen, wieder zusammenraufen. Staffel zwei erzählte im Grunde die gleiche Geschichte noch mal. 

Mittlerweile ist das Paar glücklich geschieden, sogar halbwegs einvernehmlich, aber die Hoffnung, Freunde zu bleiben, erweist sich als frommer Wunsch: Wann immer sich Erik und Anne über den Weg laufen, fallen sie umgehend in alte Muster zurück. Da das Ensemble rings um das zentrale Duo ebenfalls weitgehend das gleiche geblieben ist, gilt das streng genommen auch für den Film, was aber nicht weiter stört, weil das Drehbuch Christoph Maria Herbst und Annette Frier mit erlesenen Formulierungen versorgt hat.

Das Etikett "Boulevardkomödie" ist im Zusammenhang mit TV-Produktionen oft nicht nett gemeint, aber "Merz gegen Merz" ist bester Boulevard: temporeich, spritzig, witzig sowieso. In den Zeiten von Howard Hawks, Ernst Lubitsch oder Billy Wilder wurden fröhliche Meisterwerke dieser Art als Screwball-Komödie bezeichnet. Regie führte Felix Stienz, er hat auch die Staffeln zwei und drei inszeniert. 

 

Bei allem Spaß stellt sich dennoch die Frage, ob Husmann inhaltlich etwas Neues zu bieten hat; selbst wenn es grundsätzlich ein Genuss ist, Herbst und Frier gemeinsam zu erleben. Tatsächlich ist bei den Nebenfiguren keine besondere Entwicklung erkennbar. Eriks Vater (Bernd Stegemann) zum Beispiel, ein Mann von eher schlichtem Gemüt, ist mit seinen Altherrenwitzen nach wie vor die personifizierte Peinlichkeit. Für Annes Vater gilt das in gewisser Weise ebenfalls, doch die Rolle ist facettenreicher, zum Michael Wittenborn eine bewundernswerte Gratwanderung gelingt: Mit Ludwigs Darbietungen von Volksliedgut, das er mit nicht immer jugendfreien Texten versieht, sorgt er für eine finstere Form von Heiterkeit; erst recht, wenn er die Schmählieder beim Familienfest zum Besten gibt. Seine demenzbedingte Vergesslichkeit hat zwar ebenfalls heitere Seiten, ist mitunter aber auch sehr berührend. 

Motor der Handlung sind die Vorbereitungen für eine Doppelfeier: Sohn Leon (Philip Noah Schwarz), der vermeintliche Medizinstudent, will seine Freundin Soraya (Süheyla Ünlü) heiraten, Eriks Eltern (Carmen-Maja Antoni spielt wieder die Mutter) wollen die fünfzigste Wiederkehr ihres Hochzeitstags begehen. Weil Anne von ihrem neuen und deutlich jüngeren Freund (Nikolaus Benda) begleitet wird, will Erik natürlich nur ungern allein auftauchen. Da trifft es sich, dass seine junge Kollegin Laura (Yasemin Centinkaya) anscheinend ein Faible für reife Chefs hat; und das ist bei Weitem nicht das einzige Missverständnis der Geschichte.

Sehr witzig ist auch Husmanns Idee, die angehenden Eheleute mit einer Standesbeamtin zu konfrontieren, die wegen ihres Intervallfastens seit 15 Stunden keine feste Nahrung zu sich genommen hat ("Sie können die Braut jetzt essen"). Am Ende einigen sich alle auf die Devise "Hauptsache glücklich". Das wäre zwar ein passendes Schlusswort für die Merz-Saga, aber gegen eine weitere Fortsetzung ist nichts einzuwenden.