Christlich-jüdische Gesellschaften für Strafverschärfung bei Verfolgung von antisemitischen Demos

Christlich-jüdische Gesellschaften für Strafverschärfung bei Verfolgung von antisemitischen Demos
Der Deutsche Koordinierungsrat der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit plädiert in der Debatte um antisemitische Demonstrationen für schärfere Gesetze.

"Wir verurteilen das Verbrennen von israelischen Fahnen und fordern vor dem Hintergrund unserer Geschichte eine Strafverschärfung bei der Verfolgung von Fahnenverbrennungen durch den Gesetzgeber", sagte Generalsekretär Rudolf W. Sirsch im hessischen Bad Nauheim dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Wer israelische Fahnen in Brand steckt, verbrennt unsere Werte."

Bei Protesten gegen die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels durch die USA waren am Wochenende vor dem Brandenburger Tor in Berlin Israel-Flaggen und ein Davidstern verbrannt worden. Politiker und der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hatten als Reaktion eine Strafverschärfung bei der Verfolgung von Fahnenverbrennungen gefordert.

Wendet sich Kritik gegen "die Juden", ist es Antisemitismus

Zum Unterschied zwischen der Kritik an Israel und Antisemitismus sagte der evangelische Theologe Sirsch: "Antisemitismus sind Einstellungen und Verhaltensweisen, die Juden negative Eigenschaften unterstellen, um damit eine Abwertung, Benachteiligung, Verfolgung oder gar Ermordung ideologisch zu rechtfertigen." Antizionismus sei die "Ablehnung des Existenzrechtes des Staates Israel und damit auf nationale Selbstbestimmung". Israel werde damit verantwortlich gemacht für den Nahost-Konflikt.

Sirsch: "Oder anders ausgedrückt: Wenn es heißt, 'die Amerikaner', dann ist es Anti-Amerikanismus. Heißt es hingegen, die Regierung Bush oder Obama oder Trump, dann ist es Kritik an der Politik einer amerikanischen Regierung." Wende sich die Kritik gegen "die Israelis oder gar die Juden", dann ist es Antisemitismus. Heiße es hingegen, die Netanjahu-Regierung oder ähnlich, "dann ist es eben Kritik an der Politik der Regierung Israels".

In Deutschland gibt es mehr als 80 Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. Der Deutsche Koordinierungsrat ist größtes Einzelmitglied im Internationalen Rat der Christen und Juden (ICCJ), in dem 40 nationale Vereinigungen für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit vertreten sind. Zu den Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit gehören in Deutschland rund 20.000 Mitglieder, Freunde und Förderer. In München, Wiesbaden, Frankfurt am Main und Stuttgart und Berlin wurden 1948/49 die ersten Einzelgesellschaften ins Leben gerufen. Diese gründeten am 10. November 1949 den Deutschen Koordinierungsrat mit Sitz in Bad Nauheim.

Eine neue wissenschaftliche Studie zeigt, dass Juden- und Israelfeindlichkeit unter arabischen Geflüchteten weit verbreitet ist. Für die nicht repräsentative Untersuchung im Auftrag des American Jewish Committee (AJC) Berlin befragte der Historiker und Antisemitismusforscher Günther Jikeli im Dezember vergangenen Jahres 68 in Berlin lebende Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak in Gruppeninterviews. Dabei sei er neben einer latenten Israelfeindlichkeit, die zur Staatsdoktrin der Herkunftsländer gehöre, auch auf gängige antisemitischen Stereotype wie die des "reichen, mächtigen Juden" oder des "Juden, der den Propheten vergiften wollte" gestoßen, sagte Jikeli bei der Präsentation am Mittwoch in Berlin.

Israelfeindlichkeit undVerschwörungstheorien

Dazu komme bei vielen Geflüchteten eine starke Tendenz zu weiteren Verschwörungstheorien, die besonders in den sozialen Medien Verbreitung finden. So rezitierten die Befragten wiederholt die "Protokolle der Weisen von Zion" oder behaupteten, dass die Anschläge vom 11. September 2001 auf das Konto der Juden gingen. Viele der Interviewten berichteten zudem von einer weit verbreiteten Judenfeindschaft in ihren Herkunftsländern und hielten deshalb bestimmte Formen des Antisemitismus für selbstverständlich. Einige der Flüchtlinge identifizierten sich auch sehr stark mit dem "Palästinensismus" und leiteten daraus eine automatische Feindschaft zu Israel und den Juden ab, sagte Jikeli.

Viele der interviewten Kurden lehnen laut der Studie dagegen antisemitische Stereotype explizit ab und ziehen Parallelen zwischen dem kurdischen Volk und den Juden als verfolgte Minderheit. In dem Staat Israel sehen sie zum Teil ein Modell für einen eigenen kurdischen Staat im arabischen Raum. Die Studie sei nicht repräsentativ, betonte Jikeli, gebe aber ein Stimmungsbild wieder. Viele der Aussagen seien durch die Befragung von 85 weiteren Flüchtlingen in diesem Sommer untermauert worden.

Das American Jewish Committee in Berlin setzt sich für die Bekämpfung des Antisemitismus, für die deutsch-israelischen Beziehungen und für einen nuklearwaffenfreien Iran ein.