Fernsehvorschau: "Die Hälfte der Stadt"

Die Hälfte der Stadt: Chaim bei der Arbeit in seinem Atelier (Animation).
Foto: Leykauf Film/Balance Film
Die Hälfte der Stadt: Chaim bei der Arbeit in seinem Atelier (Animation).
Fernsehvorschau: "Die Hälfte der Stadt"
Das lohnt sich im Fernsehen vom 31.12. bis 6. Januar
In der ersten Woche des Jahres 2017 sind zwei Dokumentarfilme besonders zu empfehlen: einer von Pawel Siczek über das Leben eines jüdischen Fotografen in den 1930/40er Jahren und Generationenporträts aus der 37-Grad-Serie.

2.1., Arte, 23.50 Uhr: "Die Hälfte der Stadt"

Pawel Siczeks Dokumentarfilm ist ein Porträt des jüdischen Fotografen und Gemeindepolitikers Chaim Berman, der sich vor dem Beginn des Zweiten Weltkriegs für ein friedliches Nebeneinander von Polen, Juden und Deutschen in seiner polnischen Heimatstadt Kozienice engagierte. Schon früh hat sich der junge Chaim für Fotografie begeistert. Er macht Aufnahmen von Polen, Juden und Deutschen, die hier weitestgehend friedlich nebeneinander leben. Während sich das politische Klima in den 1930er Jahren verfinstert, kämpft Berman weiter für ein Zusammenleben der verschiedenen Bevölkerungsgruppen und vermittelt in seiner Eigenschaft als Stadtrat immer wieder zwischen den Kulturen und Religionen. Bis zum Schluss weigert er sich, Polen zu verlassen, da er an eine friedliche Lösung glaubt. Diese Haltung wird ihm zum Verhängnis, als die Nazis seine Heimat überfallen.

Vermeintliche Freunde werden plötzlich zu seinen Feinden, während Menschen, die er vorher nicht sonderlich schätzte, ihn und seine Familie zu retten versuchen. Ein polnischer Nachbar versteckt ihn in einem winzigen Keller. Als der Fotograf von einer Krankheit befallen wird, die sein Gehirn angreift, beginnt er, laut zu schreien, und bringt damit die Familie seines Retters in Lebensgefahr. "Die Hälfte der Stadt" nimmt die Zuschauer mit auf eine Reise durch die Gezeiten eines turbulenten europäischen Jahrhunderts und erzählt die bewegende Geschichte eines Mannes, dessen Überzeugungen fortschrittlicher waren als die Welt, in der er lebte. Mit Hilfe animierter Szenen lässt der Film eine längst vergessene Welt wieder lebendig werden. Die Hinterlassenschaft des Fotografen Berman besteht aus an die zehntausend Porträts auf Glasnegativen, die jahrzehntelang unentdeckt blieben. Sie zeigen unbekannte Menschen aus Chaim Bermans Alltag, die Gesichter einer für immer verlorenen europäischen Ära. Diese Glasnegative sind der Ausgangspunkt des Films, der das Leben ihres Urhebers zu rekonstruieren versucht.

3.1., ZDF, 22.15 Uhr: "37 Grad: 20-40-60"

Für ihre dreiteilige dokumentarische Langzeitbeobachtung hat Dominique Klughammer zwei Jahre lang Menschen aus drei Generationen begleitet. Die Autorin will wissen: Was bewegt ihre Protagonisten, was wollen sie erreichen? Durch welche Höhen und Tiefen werden sie in dieser Zeit gehen? Die Unterschiedlichkeit der Persönlichkeiten und der sozialen Lebenssituationen geben emotionale Einblicke in Lebensentwürfe unserer Zeit. Folge eins stellt die Zwanziger Max, Ehsan und Antonia vor. Max will Sternekoch werden, Ehsan träumt von einer Karriere als Schauspieler, und Antonia will für ein Jahr in ein Kinderheim auf den Philippinen.

Max lebt in Neubrandenburg, er hat eine tragische Kindheit hinter sich. Die Mutter stirbt an Krebs, als er elf Jahre alt ist, sein Vater verfällt daraufhin dem Alkohol. Max ist der mittlere Sohn, sein jüngerer Bruder und er kommen ins Heim. Bei einem Schulpraktikum entdeckt er sein Talent und seine Begeisterung fürs Kochen. Seine Lehre ist vorbei, er träumt davon, Sternekoch zu werden.

Antonia ist in einem beschaulichen 150-Seelen-Dorf in Franken aufgewachsen. Ein harmonisches Familienleben mit den Eltern, der kleinen Schwester und der Großmutter. Doch Antonia will die heile Welt verlassen, sie sucht das exotische Abenteuer. Sie hat ein sehr gutes Abitur gemacht und will nun ein Freiwilliges Soziales Jahr auf den Philippinen in einem Kinderdorf absolvieren. Dort leben Straßenkinder, deren Eltern drogenabhängig sind oder als Prostituierte arbeiten, zum Teil sind es Waisen, die traumatisiert sind. Ehsan hat einen Realschulabschluss, er spielt in einer Band. Sein großer Traum: ein Künstlerleben als Schauspieler oder Musiker. Zahlreiche Bewerbungen waren erfolglos, aber Ehsan glaubt weiterhin an sein Talent.