TV-Tipp: „Tel-Aviv-Krimi: Tod in Berlin“ (ARD)

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TV-Tipp: „Tel-Aviv-Krimi: Tod in Berlin“ (ARD)
3.3., ARD, 20.15 Uhr: „Tel-Aviv-Krimi: Tod in Berlin“
Bislang beruhten die Donnerstags-Krimireihen der ARD-Tochter Degeto in der Regel auf literarischen Vorlagen. Commissario Brunetti, Kommissar LaBréa, Kommissar Dupin: alles Romanhelden. Die neuen Reihen sind dagegen ausnahmslos eigene Entwicklungen, die sich dadurch auszeichnen, dass deutsche Ermittler ins Ausland versetzt werden.

Die Titel sorgen für eine eindeutige Verortung: Die vor Jahresfrist als „Kripo Bozen“ gestartete Reihe mit Chiara Schoras heißt jetzt „Bozen-Krimi“, kürzlich gab es den ersten „Athen-Krimi“ mit Francis Fulton-Smith, und Katharina Lorenz ermittelt im „Tel-Aviv-Krimi“. Deshalb ist es zunächst auch etwas irritierend, dass der Auftakt in Berlin spielt; nach Israel geht’s erst am Schluss der Handlung. Erzählerisch und dramaturgisch ist das durchaus reizvoll: Während die anderen Reihen damit beginnen, dass die Hauptfiguren in ihrer neuen Heimat eintreffen, lernt man Sara Stein in ihrem alten Umfeld kennen.

Und noch eins unterscheidet sie von den Kollegen. Religionszugehörigkeiten werden bei TV-Ermittlern in der Regel nicht erwähnt; es sei denn, sie sind jüdischen Glaubens, so wie die Berliner „Tatort“-Kommissarin Nina Rubin (Meret Becker). Bei Stein wird die Information zwar alles andere als beiläufig vermittelt („Du bist doch auch Jüdin“), aber nach der Ermordung einer Israelin spielt sie naturgemäß keine unwichtige Rolle: Ganz Berlin geht von einem Mord aus politisch-religiösen Gründen aus, zumal der eifersüchtige Freund des sexuell offenbar recht umtriebigen Opfers ein Sohn palästinensischer Einwanderer ist. Auf das Auto der Toten hat der Täter „Mörderin“ geschrieben. Wie sich rausstellt, hat die Frau kurz vor ihrem Tod das gemeinsame Kind abgetrieben.

Personelle Konstellation auf Seiten der Polizei wirkt etwas konstruiert

Allerdings treibt noch ein verdächtiger rothaariger Israeli sein Unwesen. Der Mann trägt maßgeblich dazu bei, dass die Handlung mitunter etwas undurchschaubar wird; mit der letztlich bestürzend banalen Lösung des Falls hat er ohnehin nichts zu tun. Auch die personelle Konstellation auf Seiten der Polizei wirkt etwas konstruiert. Katharina Marie Schubert zum Beispiel muss als Kollegin Steins derart auf den Innendienst fixiert sein, dass sie bei Ermittlungen außerhalb des Präsidiums prompt zur Salzsäule erstarrt. Immerhin sind die Revierszenen dank der launigen Beiträge von Aljoscha Stadelmann recht unterhaltsam, auch wenn die Chefin (Kirsten Block) des Trios zwischendurch in Tränen ausbricht, weil ihr Mann sie verlassen hat.

Während das Privatleben der Kriminalrätin eher lästig ist, spielt es bei Sara Stein zurecht eine große Rolle, denn natürlich wird ihr die Frage gestellt, ob sie in diesem Fall überhaupt unbefangen ermitteln kann. Viele Szenen zeigen jedoch, wie selbstverständlich sie in ihrem multikulturellen Umfeld verwurzelt ist. Außerdem wird ihr Liebesleben sehr hübsch eingefädelt: Sie ist mit ihren Eltern zu einem Konzert des bekannten israelischen Pianisten David Shapiro verabredet, kommt aber zu spät, zieht ihr hochhackiges Schuhwerk aus, um keinen Lärm zu machen, und lässt prompt mit großem Gepolter einen der Schuhe fallen. Der Mann am Klavier bedankt sich später per CD-Widmung für die „bezaubernde Störung“, allerdings auf hebräisch; spätestens bei der Entzifferung der Zeichen mit Hilfe eines Lexikons ist es um Sara geschehen. Verkörpert wird der Musiker von Itay Tiran, der tatsächlich Pianist war, eher er zum Schauspiel wechselte. Der Israeli hat schon in einigen deutschen Kinofilmen mitgewirkt, zuletzt in größerer Rolle in „Anleitung zum Unglücklich sein“.

Alles andere als ein typisches TV-Gesicht

Selbstredend hat David großen Anteil daran, dass der nächste „Tel-Aviv-Krimi“ tatsächlich in Tel Aviv spielt, und dann wird auch die Bildsprache eine andere sein: „Tod in Berlin“ ist ein ausgesprochen düsterer Film, gerade die Außenaufnahmen wirken roh und kalt. Die optische Anmutung (Kamera: Holly Fink) ist jedoch ähnlich reizvoll wie die Hauptdarstellerin: Burgschauspielerin Katharina Lorenz wirkt zwar regelmäßig in Fernsehfilmen mit, ist aber dennoch alles andere als ein typisches TV-Gesicht. Schöpfer der neuen Kommissarin ist das Autorenduo Martin Kluger und Maureen Herzfeld, die schon einige Filme für Matthias Tiefenbacher geschrieben haben (unter anderem „Gestern waren wir Fremde“ und „Das Haus ihres Vaters“); hier sorgen sie gemeinsam mit dem Regisseur, der das Drehbuch überarbeitet hat, für viele ungewöhnliche Einfälle.

Selbst wenn die Geschichte um ein paar Ecken zuviel gedacht ist: Fast ist es schade, dass die Tel-Aviv-Krimis nicht auch weiterhin in Berlin spielen. Ihren ersten israelischen Fall löst Sarah Stein am 10. März. Dann wird sich auch zeigen, wie die Degeto das Sprachproblem löst; für den Auftakt in Berlin sind die Mitwirkenden aus dem Nahen Osten untertitelt worden.