Früher war die Patenschaft oft auch mit einer Fürsorgepflicht verbunden für den Fall der Not, etwa wenn Eltern früh sterben. Und früher wurden Pat:innen mit der Konfirmation aus dieser Verpflichtung entlassen. Reste vom Fürsorgewunsch sind auch heute oft in der Anfrage enthalten. Es lohnt vor Übernahme der Patenschaft einmal darüber zu sprechen. Was sind Wünsche, was Erwartungen? Ein klares "Ja" ist wie ein Pakt. Ein Beziehungsangebot.
Die wichtigste Basis ist gegenseitiges Interesse – bei einer Baby- oder Kleinkindertaufe zunächst einmal unter den Erwachsenen. Eine Patenschaft ist die Erlaubnis, sich mitzufreuen über kleine und große Entwicklungsschritte, es ist die Einladung aufmerksam zuzuhören, was die Eltern bedenken. Und – mit gebotener Vorsicht - eigene Beobachtungen von außen hinzuzufügen.
Es ist gut, sich den Tauftag zu merken. Das könnte jenseits vom Geburtstag Ihr spezieller Gruß-Tag werden. Aber vor allem, liebe Pat:innen:
Stress raus!
Die besten Geschenke sind jene, die zu einer gemeinsamen Aktivität einladen. Das können ganz einfache Geschenke sein. Bei Kleinkindern: Übernehmt doch mal einen Babysitter-Dienst und schenkt den Eltern einen freien Abend. Oder Ihr besucht die Familie und lasst Euch von Eurem Patenkind führen in dem, was ihm Spaß macht: Gemeinsam Türme bauen und fallen lassen, sich all die Kunststücke zeigen lassen zwischen Purzelbaum, Laufrad, Ballspiel, Skaten. Sich den Tag der Einschulung merken, ist prima, aber Ihr braucht nicht die dritte Mini-Schultüte mitzubringen. Klasse ist es, eine Anleitung parat haben für ein Papierflugzeug, das wirklich fliegt. Faltet es gemeinsam und lasst es fliegen.
Sich Zeit nehmen in einer Buchhandlung oder im Internet zu stöbern nach einem Bilderbuch mit christlichen Inhalten. Die Palette ist breit, es gibt nicht nur langweilig-brave! Das gewählte Buch mitbringen und vorlesen. Beliebt sind auch Kinderbibeln mit schönen Bildern und Geschichten. (Für beides haben wir ja auch gute Vorschläge im Taufbegleiter.) Wunderbar ist es auch, wenn Ihr eine biblische Geschichte, die Euch einst beeindruckt hat, aus der Erinnerung hervorkramen könnt. Entstaubt sie und erzählt sie frei Eurem Patenkind. Es wird vielleicht staunen.
Oder Ihr schenkt "Echtes", eine Pflanze im Blumentopf oder eine Metall-Pflanz-Schaufel zum Buddeln zum Beispiel. Dann gehts mit ihnen in den Wald, Ihr stecht die Schaufel in den Waldboden und betrachtet mit Eurem Patenkind, was da krabbelt und sich schlängelt. Lauscht mit ihnen den Vögeln, entdeckt mithilfe einer App in Eurem Smartphone welcher Gesang zu welchem Vogel gehört. Oder wie der Baum heißt, der diese Blätter hat. Unterstützt sie beim Erforschen von Gottes Schöpfung. Fragt mit ihnen, was der Regenwurm frisst und wo die Vögel eigentlich schlafen. Wenn Ihr es wisst, deckt ihre Fragen nicht gleich mit Eurem Wissen zu. Entdeckt Fragen mit ihnen, die auch für Euch offen sind. Manchmal finden sie dazu sehr erstaunliche Antworten. Die notiert – wenn Ihr könnt – zu Hause in einem "goldenen Buch".
Zwei Fotos und vielleicht eine gefundene Feder von dem Ausflug dazu – so füllt sich Euer Patenscha(fts)tz-Buch, bis ihr es zur Konfirmation oder auch erst zum 18. Tauftag als Euer Patenschatzbuch überreichen könnt. Dafür braucht es nichts Vorgefertigtes.
Wenn Ihr doch einmal materiell Wertvolles schenken wollt, fragt die Eltern, was gerade ansteht und woran Ihr Euch beteiligen könnt – sei es der Beitrag zum Sportverein, zu einer Reise oder einem neuen Fahrrad. Nehmt Euch Zeit für gar nichts Besonderes. Das ist das Besondere. Und wenn man das Glück hat, gelingt Beziehung über die Adoleszenz hinaus.
Ganz wichtig sind Rituale:
Meine Patenkinder wussten immer: Bei mir gibt es Dinge, die es bei den Eltern in der Regel nicht gibt. Gummibärchen zum Beispiel, entweder die einfachen von Haribo oder die fruchtigen aus dem Naturkostladen. Und an Ostern nach dem Frühgottesdienst einen zünftigen Lammbraten zum Brunch. Und in der Adventszeit das Lebkuchenhaus mit bunten Süßigkeiten bekleben.
Und - wenn möglich - geht mal mit ihnen ins Theater oder Kino: Puppentheater, Weihnachtsmärchen... etwas lässt sich sicher in der Nähe aufstöbern. Macht Euch ruhig mal bisschen schick dafür. Und dann spielt mal wieder gemeinsam ein Game auf dem Smartphone. Dann mit dem Handy losziehen in die Nachbarschaft: Merkwürdigkeiten auf der Straße oder im Park/Wald entdecken und fotografieren. Perspektiven wechseln, genau hinschauen. Ausschnitte aufnehmen. Zu Hause kann dann die Familie raten, wo und was da aufgenommen wurde.
Wir "verkleiden" uns mit Hut, Mütze und Schal und machen kleine Reels, die wir den Eltern oder Verwandten senden. Versteck spielen mit der Kamera. Mit meinen Patenkindern habe ich erfahren: Es macht Sinn, sich mit ihnen auf Neuland zu begeben. Lasst euch etwas von ihnen zeigen! Ich war zum Beispiel noch nie in einem Naturkundemuseum, also nichts wie hin und entdecken: Es ist eine sehr gute Alternative zum Zoo. Und zwischendurch bei Pommes rot-weiß Momente für Gespräche über Gott und die Welt wahrnehmen. Fragen stellen und von der eigenen Kindheit erzählen. Dabei die Gefühle nicht auslassen, die schönen wie auch die unangenehmen. Sich erinnern, was und wer geholfen hat.
Es ist gut, sich Zeit zu nehmen, wenn Euer Patenkind etwas vorzeigt: Ein Vorspiel im Kindergarten, in der Schule oder im Weihnachtsgottesdienst. Dafür muss man den Eltern möglichst von Anfang an das eigene Interesse signalisieren, damit man auch dazu eingeladen wird. Wenn Euer Patenkind über 10 Jahre alt ist, lasst Euch mal auf das Abenteuer eines gemeinsamen Wochenendes ein. Eine Übernachtung in der Jugendherberge oder im Zelt kann auch eine schön herausfordernde Erfahrung für die Paten sein. Oder ein Ausflug in ein Fußballstadion – man achte auf das Oder, also bitte nicht zu viel Programm vornehmen, damit Zeit bleibt zum Trödeln, zum Nichtstun, Quatsch machen und für das Spagetti-Eis in der Eisdiele. So ein Paten-Wochenende kann auch ein willkommenes Geschenk sein für die Eltern: einmal kinderfrei, wunderbar!
Wichtig bei solchen Ideen und Vorschlägen: Bitte erwartet keine direkte Anerkennung von den Patenkindern! Man erhält diese in der Regel nur indirekt. Ausgesprochener Dank kommt mitunter – wenn überhaupt – mit langer Verzögerung. Bei meinen drei Patenkindern, die inzwischen längst eigene Familien gegründet haben, konnte ich selbst nur einen Bruchteil dieser Tipps realisieren. Aber im Rückblick ist erstaunlich, dass zu allen doch eine besondere Beziehung geblieben ist – und sei es nur mental. Ich denke anders an sie als zum Beispiel an ihre Geschwister oder andere Kinder von Freunden. Wir haben eine eigene Geschichte. Ein Geschenk fürs Leben.