Altbischof Dröge: "Der Kontrast könnte nicht größer sein"

Portait von Markus Dröge mit orangen Schal und redent.
Diakonie Deutschland und Brot für die Welt
Altbischof und Vorstandssprecher der Stiftung Zukunft, Markus Dröge, appelliert: Um in diesen Zeiten Haltung zu zeigen, müsse man sich klar, eindeutig und mutig positionieren. Das gelte für Kirchenleitende ebenso wie für die Basis.
Christen und Rechtsextreme
Altbischof Dröge: "Der Kontrast könnte nicht größer sein"
Der Protest gegen rassistische, antisemitische und minderheitenfeindliche Einstellungen wächst - ebenso wie das Bewusstsein, dass Demokratie und Menschenrechte geschützt werden müssen. Altbischof Markus Dröge, Vorstandssprecher der Stiftung Zukunft, fordert von der evangelischen Kirche, sich aktiv gegen Rechtsextremismus zu wenden.

Nach Ansicht von Markus Dröge von der in Berlin ansässigen Stiftung Zukunft  muss die evangelische Kirche einen "bedeutsamen und wirksamen Beitrag" zur Stärkung der Demokratie leisten, sagte der einstige Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz dem Evangelischen Pressedienst.

epd: Herr Dröge, was muss Kirche tun, um in diesen Zeiten Haltung zu zeigen?

Markus Dröge: Sich klar, eindeutig, mutig positionieren. Das gilt für Kirchenleitende ebenso wie für die Basis. Ich begrüße in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Erklärung der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und die Ausführungen der EKD-Ratsvorsitzenden, Kirsten Fehrs, die unmissverständlich gesagt haben, dass völkisch-nationale Gesinnungen und menschenverachtende Haltungen mit den Grundsätzen des christlichen Glaubens unvereinbar und rechtsextreme Parteien wie die AfD nicht wählbar sind.

Wie würden Sie diese Haltung begründen?

Dröge: Für Christen steht das Evangelium im Zentrum, die Tugenden "Glaube, Liebe, Hoffnung". Es geht um Vertrauen, Solidarität, Gerechtigkeit, darum Schwächeren zu helfen, konstruktiv zu sein, im sachlichen, respektvollen Diskurs Lösungen zu finden. Rechtspopulisten setzen dagegen auf Misstrauen, Egoismus, Ausgrenzung. Sie appellieren an niedrigste Instinkte. Der Kontrast könnte größer nicht sein.

Der respektvolle Austausch unterschiedlicher gesellschaftlicher Positionen gelingt immer seltener. Welchen Beitrag kann die Kirche für einen toleranten, lösungsorientierten Umgang miteinander leisten?

Dröge: Ich kann Kirchengemeinden nur ermutigen, Debatten zu kontroversen Themen anzubieten. Es sollte den Initiatoren dieser Dialogformate aber klar sein, dass diese Diskussionen gut durchdacht und vorbereitet sein müssen. Das gilt insbesondere für den Diskurs mit Rechtspopulisten. Kirche darf menschenverachtenden, diskriminierenden Positionen niemals ein Forum bieten. Hat sich jemand bereits entsprechend geäußert, so darf er nicht eingeladen werden.

Eine stringente Gesprächsführung muss gewährleisten, dass konkret und sachlich debattiert wird. Ziel muss es sein, Widersprüche aufzudecken, populistische Aussagen und Fake News zu entlarven. Nehmen Sie etwa die Agrardiesel-Subventionen. In ihrem Programm schreibt die AfD, dass sie Subventionen generell ablehnt, das hindert sie aber nicht, öffentliche Gelder für die Landwirtschaft zu fordern. Oder die Rentenpolitik der AfD: Fachleute haben ausgerechnet, dass dann 40 Prozent der Menschen über ein Alter von 70 Jahren hinaus arbeiten müssten. Diese Gegensätze und Widersprüche müssen aufgedeckt werden.

Ich hoffe auch sehr, dass sich der Kirchentag im kommenden Jahr in Hannover den Themen Rechtsextremismus und wehrhafte Demokratie annimmt und die Frage stellt: "Wie positionieren sich die Christen?"

Es gibt immer wieder Vorwürfe von Menschen, die meinen, Kirche sei zu politisch geworden, es gehöre nicht zu ihrer Aufgabe, sich politisch einzumischen. Was entgegnen Sie?

Dröge: Ich begründe es mit unserem Auftrag und unserem Bekenntnis - konkret mit der Barmer Theologischen Erklärung, jenem Bekenntnistext der bekennenden Kirche der 1930er Jahre, mit dem die bekenntnistreuen Christen sich im Jahr 1934 gegen die Vereinnahmung durch den Nationalsozialismus und damit auch gegen die sogenannten "Deutschen Christen" gewehrt haben. In These fünf der Barmer Erklärung heißt es, es sei die Pflicht der Kirche "die Regierenden und Regierten" an "Gottes Reich, an Gottes Gebot und Gerechtigkeit" zu erinnern. Wenn eine Partei die Menschenwürde und die Werte des Grundgesetzes nicht achtet, sich anschickt, unsere Demokratie zu unterwandern, dann muss Kirche das anmahnen. Kirche soll keine Politik machen, aber sie muss menschenwürdige Politik möglich machen.