Landeskirche ringt um Zukunft von Wildbad Rothenburg

Wildbad Rothenburg Luftbild
© Georg Reifferscheid / Happy-Ballooning / Wikimedia/CC019969884
"Das Wildbad kann zukünftig kein rein kirchliches Tagungshaus mit subventionierten Preisen mehr sein", sagt die Rothenburger Dekanin Jutta Holzheuer über die Zukunft der evangelischen Tagungsstätte Wildbad Rothenburg.
Millionengrab oder Goldgrube?
Landeskirche ringt um Zukunft von Wildbad Rothenburg
Die Landeskirche will das Wildbad Rothenburg wegen der beständig hohen Defizite verkaufen. Eine Ideenschmiede soll nun abwägen, ob es nicht auch anders ginge. Lässt sich das "Millionengrab" durch eine Umnutzung sogar zum Geldverdienen verwenden?

Etwas mehr als sechs Jahre ist es nun her, dass ein Hotelier die Finger nach der evangelischen Tagungsstätte Wildbad Rothenburg ausstreckte. Aus dem Verkauf aber wurde nichts, denn die Landeskirche zögerte - auch wegen Protesten vor Ort. Doch seither ploppt immer wieder diese eine Frage auf: Wieso hat ein Unternehmer Interesse an einer Immobilie, die der bisherige Eigentümer einfach nicht rentabel betreiben kann? Auch Ansbachs Dekan Matthias Büttner hat sich diese Frage nicht nur einmal gestellt.

"Die Antwort ist ganz einfach", sagt Büttner nach mehr als zweieinhalb Jahren Beschäftigung mit dem Thema: "Sie wird bislang falsch bewirtschaftet." Seine Rothenburger Dekanskollegin Jutta Holzheuer pflichtet ihm bei: "Das Wildbad kann zukünftig kein rein kirchliches Tagungshaus mit subventionierten Preisen mehr sein." Denn für jede im Wildbad getätigte Übernachtung legt die evangelische Kirche derzeit 30 Euro aus ihrem Topf noch obendrauf. Pro Jahr kommt so eine sechsstellige Summe zusammen. Damit soll ab 2026 Schluss sein.

Die Kirchenleitung hat vor rund zweieinhalb Wochen die ersten Ergebnisse ihrer Tagungs- und Gästehäuser-Reform veröffentlicht. Die jährlichen Zuschüsse sollen demnach auf neun Millionen Euro gedeckelt und auch auf weniger Einrichtungen als bislang verteilt werden. Konkret bedeutet das für das Wildbad laut einem Papier des Landeskirchenrats, dass es ab 2026 keine Zuschüsse mehr gibt. Die Immobilie solle "zeitnah geschlossen und verkauft" werden. Diese Info, obgleich nicht überraschend, versetzte viele in Rothenburg in Aufruhr.

Dekanin Holzheuer und Dekan Büttner wollen auch keine Kirchensteuermittel mehr Jahr für Jahr im Wildbad versenken. Und trotzdem wollen sie es zumindest als kirchennahes Haus erhalten - am besten im Eigentum der Kirche. Dazu haben sie zusammen mit der Ansbach-Würzburger Regionalbischöfin Gisela Bornowski die "Ideenschmiede" für das Wildbad gegründet - ein "Thinktank", wie es Neudeutsch heißt. Ein Gesprächskreis also, in dem sich Vertreter aus Politik, Kirche, Gesellschaft und Kultur gemeinsam Gedanken machen.

Die Arkadenhalle des Wildbads an der Tauber

Jutta Holzheuer sagt, man müsse "wenigstens versuchen", das Wildbad kirchennah zu erhalten, denn viele kirchliche Gruppen und Einrichtungen seien regelmäßig dort, hätten einen engen Bezug zu der wildromantisch gelegenen, mondänen Anlage, die auf jeden Gast tatsächlich eine ganz besondere Wirkung hat: "Wir sind es als Kirche dem Haus und den Menschen, die dort viele Jahre oder teils sogar Jahrzehnte tolle Arbeit gemacht haben, auch ein Stück weit schuldig, dass wir jetzt noch einmal alles auf den Kopf stellen und ausloten."

Regionalbischöfin Bornowski hängt ebenfalls am Wildbad - immer wieder hat sie dort zu Sommerempfängen eingeladen. Aber sie sagt auch: "Vieles, was dort stattfindet, ist nicht originäre Aufgabe von Kirche." Gemeint sind etwa Treffen von Vereinen und Gruppen, die keinerlei kirchliche Anbindung haben und sich andernorts in kommunalen Räumen, Vereinsheimen und Mehrgenerationenhäusern treffen würden: "Wir haben die Gruppen gerne bei uns, aber wir können uns das nicht mehr leisten - auch das kostenlose Kulturprogramm nicht."

Gästezimmer wären quasi immer ausgebucht

Matthias Büttner geht noch einmal nüchterner an die Sache heran: Schon vor rund zweieinhalb Jahren, da war das Dekansamt in Rothenburg gerade vakant, hat er sich mit seinen Verwaltungsexperten aus der Ansbacher Gesamtkirchengemeinde Gedanken zum Wildbad gemacht. "Rothenburg ist ein Tourismus-Hotspot", sagt er. Zahlungskräftige Gäste aus aller Welt kämen in die Kleinstadt. Würde es entsprechend ausgestattete Zimmer im Wildbad geben - sie wären quasi immer ausgebucht, ist der evangelische Pfarrer und Dekan überzeugt.

Büttner will es allerdings nicht bei Überzeugungen und Gefühlen belassen. Man müsse den Markt jetzt genau analysieren und einen detaillierten Investitionsplan erstellen. "Das Wildbad muss zu einem Ertragsobjekt werden", sagt er. Heißt im Klartext: Die Tagungsstätte muss so umgebaut und umgenutzt werden, dass sie die Kirche am Ende kein Geld mehr kostet, sondern Geld in deren Kassen spült. "Angesichts sinkender Mitglieder- und Kirchensteuerzahlen muss die Kirche deutlich unternehmerischer denken als bislang", sagt Büttner.

Für nicht wenige Evangelische dürfte das nach "Teufelszeug" klingen. Das weiß auch Büttner. "Die deutschen Kirchen sind durch die Kirchensteuer-Situation verwöhnt. In anderen Ländern ist es völlig normal, dass Kirche Geld verdienen muss", erläutert er. Die evangelische Gemeinde in Budapest zum Beispiel finanziere sich durch die Gewinne aus einem Kaufhaus. "Alle Welt investiert in Immobilien, nur die Kirche will ihre Filetstücke lieber verscherbeln", kritisiert er.

Die bislang investierten Summen kriege man über einen Verkauf nicht zurück.
Die Ideenschmiede will sich im Januar erstmals treffen, auch der Rothenburger Oberbürgermeister Jürgen Naser wird dabei sein - er hatte zuletzt nicht gerade mit öffentlicher Kritik an der Kirche wegen deren Wildbad-Plänen gespart. "Es geht nun darum, Ideen zu sammeln, Kooperationen auszuloten", betont Holzheuer. Gelder für einen Umbau bei Banken zu bekommen, das dürfte laut Büttner beim Marktwert des Gebäudekomplexes eigentlich kein großes Problem sein: "Was ein Investor kann, das können wir auch - da bin ich mir sicher."

Sollte eine solche Umnutzung gelingen, könnte das Wildbad in Teilen auch weiter als kirchliches Gästehaus erhalten bleiben. "In jedem guten Hotel gibt es unterschiedliche Zimmerkategorien", sagt Holzheuer. Und dass die Teilnehmer eines Kirchenvorstands-Wochenendes unbedingt in einer Suite übernachten wollten, das wäre doch eher ungewöhnlich. Durch eine solche "Hybridnutzung", wie es Büttner nennt, könnte der Begegnungsort Wildbad erhalten bleiben - und die Geldsorgen nach Jahrzehnten endlich gelöst werden.