Explosion in evangelischer Asyl-Begegnungsstätte

Explosion in evangelischer Asyl-Begegnungsstätte
Eine evangelische Jugend- und Flüchtlingsbegegnungsstätte in Brandenburg ist mutmaßlich Ziel eines Anschlags geworden.

Eine Explosion im Jugendzentrum "Turmstube" der St. Nikolai-Kirche in Jüterbog (Landkreis Teltow-Fläming) am späten Freitagabend wurde nach Polizeiangaben offenbar vorsätzlich durch Böller verursacht. Menschen kamen nicht zu Schaden. Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) erklärte, der Verdacht eines rechtsgerichteten Anschlags liege nahe.

Die "Turmstube" bietet wöchentlich Treffen mit Flüchtlingen an und war in der Vergangenheit öfter Ziel von rechten Hassparolen. Kriminalpolizei und Staatsschutz nahmen Ermittlungen auf. Durch die Druckwelle seien die Fensterscheiben des betroffenen Raumes und das Mobiliar beschädigt worden, teilte die Polizeidirektion West am Samstag in Potsdam mit. Zudem fielen Teile der Deckenverkleidung herunter.

Bischof Dröge vor Ort

Innenminister Schröter besuchte am Samstag gemeinsam mit dem Berliner Landesbischof Markus Dröge den Ort der Explosion. Er betonte: Vor Menschen, die Flüchtlinge und Helfer bedrohten und einschüchterten, werde "keinen Zentimeter" zurückgewichen. Wer vorgebe, das christliche Abendland zu verteidigen, aber zugleich Anschläge auf kirchliche Einrichtungen verübe, habe die letzte Maske fallen lassen. 

Der Bischof der Evangelischen Kirche-Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, sprach von einer menschenverachtenden Tat, die "unser Gemeinwesen trifft". Er sicherte der Gemeinde die Unterstützung der Landeskirche zu.

Mit dem Innenminister und dem Bischof versammelten sich nach Ministeriumsangaben etwa 100 Menschen vor der angegriffenen Begegnungsstelle. Jüterbogs parteiloser Bürgermeister Arne Raue blieb demnach der Versammlung allerdings fern.

"Wir haben ihn zwar zuvor gesehen, aber er war nicht dabei", sagte Ministeriumssprecher Ingo Decker dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das umstrittene Stadtoberhaupt hatte Anfang November für Unruhe gesorgt, weil er auf Facebook vor dem Einschleppen von ansteckenden Krankheiten durch Flüchtlinge gewarnt hatte und den Bürgern seiner Stadt von Kontakt mit Asylbewerbern abriet. Später distanzierte er sich von seinem Aufruf.

Die Kirchengemeinde vermutet einen Zusammenhang zwischen der Explosion und einer NPD-Demonstration wenige Stunden zuvor. Auch Ministeriumssprecher Decker sprach von entsprechenden Hinweisen. Am Freitagabend waren rund 200 Asylgegner und Rechtsradikale unter dem Motto "Nein zum Asylwahn, Ja zu Jüterbog" durch die Stadt gezogen. An einer Gegenkundgebung mit etwa 500 Teilnehmern war auch die evangelische Gemeinde beteiligt.