"Ich bin die von der Kirche"

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"Ich bin die von der Kirche"
Saarländischer Rundfunk bietet Journalisten-Ausbildung für Pfarrer
Als Pfarrer in einem Jahr zum Journalisten werden: Der Saarländische Rundfunk bietet evangelischen und katholischen Geistlichen dieses spezielle Kirchenvolontariat an - als einzige ARD-Anstalt.
12.09.2015
epd
Marc Patzwald

Nicole Pusch fährt jeden Morgen mit dem Auto von Homburg zum Saarländischen Rundfunk (SR) nach Saarbrücken. Sie geht zu Presseterminen und macht journalistische Beiträge, denn sie ist Volontärin, eine angehende Journalistin. Doch sie ist auch Pfarrerin. Beim SR absolviert Pusch ein einjähriges Kirchenvolontariat - eine Ausbildung speziell für Pfarrer, die der Saarländische Rundfunk als einzige ARD-Anstalt anbietet.

Zum 1. Mai hat die Pfälzerin zusammen mit den regulären SR-Volontären ihre Ausbildung begonnen. "Sieben Wochen waren wir mehr oder weniger ein Klassenverband", sagt Pusch. Das habe vieles einfacher gemacht. Gemeinsam besuchten die Volontäre etwa Reportage- oder Medienrechtsseminare. Bei Vorstellungsrunden hat sich die 31-Jährige mittlerweile einen Standardsatz angewöhnt: "Ich bin die von der Kirche."

Besonders stark verbunden sind Kirchenvolontäre beim SR mit der Programmgruppe Kirche, Religion, Gesellschaft, die multimedial für Fernsehen und Hörfunk arbeitet. Für die dortige Redakteurin Barbara Lessel-Waschbüsch ist wichtig, dass Pfarrer während des Volontariats journalistische Grundkenntnisse erlernen. Es gehe nicht darum, "Kirche zu lernen, sondern mitzudenken im Journalismus", betont sie. Nach den ersten Seminaren und der Mitarbeit im Kirchenfunk hat sich Pusch für die Station Wirtschaft im Bereich Fernsehen entschieden.

"Wir bemühen uns, sie teilhaben zu lassen", sagt Lessel-Waschbüsch. "Sie läuft im aktuellen Rad mit." Seit mehreren Jahrzehnten biete der SR diese Spezialausbildung mittlerweile an, erklärt die Redakteurin. Im Vergleich zu einem regulären Volontariat ist die Ausbildung für Pfarrer auf ein Jahr verkürzt.

Auch der Evangelische Beauftragte beim Saarländischen Rundfunk, Pfarrer Dejan Vilov, hat die Ausbildung im Jahr 2008 absolviert. "Ich konnte von Anfang an viel machen", erinnert er sich. Dazu gehörten Nachrichten, Radio-Einsprecher aber auch halbstündige Features.

Während alle anderen ARD-Anstalten nur ein allgemeines Volontariat anbieten, nehmen der SR und der Westdeutsche Rundfunk (WDR) mit einer eigenen Ausbildung für Theologen eine Sonderposition ein. Im Gegensatz zum WDR entspricht die Ausbildung beim SR einem normalen Volontariat.

Einblick in Redaktionsabläufe für Theologen

Beim WDR ist das Angebot auf eine einjährige Hospitanz in der wellenübergreifenden Hörfunk-Redaktion "Religion-Theologie-Kirche" oder der TV-Programmgruppe "Religion und Bildung" beschränkt. Die jungen katholischen Priester, Pastoralreferenten und evangelischen Pfarrer könnten aber auch eine drei- bis vierwöchige Gasthospitanz in einer anderen Redaktion wie Regionales oder Sport machen, erklärt WDR-Redakteur Uwe-Jens Lindner.

Seit mittlerweile 30 Jahren bietet der WDR laut Lindner diese Möglichkeit an, damit Theologen einen Einblick in Redaktionsabläufe gewinnen und selbst Beiträge produzieren können. Die Jahreshospitanten bleiben nach seinen Worten kirchliche Angestellte und werden für die Zeit von ihrem Arbeitgeber bei Zahlung eines Gehaltes freigestellt. Der WDR finanziere unter anderem das Sprechtraining fürs Radio und Reisekosten.

Auch beim SR-Modell zahlt der kirchliche Arbeitgeber laut Vilov weiter das Gehalt. So habe er während seines Volontariats weiter seine Vikariatsbezüge von der Evangelischen Kirche der Pfalz erhalten. Zwar seien die Medienstellen bei Kirchen begrenzt, sagt Rundfunkpfarrer Vilov. "Aber es kann nicht schaden, einen Gemeindepfarrer zu haben, der Pressemeldungen schreibt und weiß, wie man mit der Presse umgeht." Das sieht auch die SR-Redakteurin Ursula Thilmany-Johannsen so. "Wenn Leute in den Kirchen wissen, wie der Sender funktioniert, können sie eine Art Brücke sein."

So nimmt sich auch Nicole Pusch wahr. "Ich bin in erster Linie Pfarrerin", sagt sie. Das Kirchenvolontariat sei eine Zusatzqualifikation, durch die sie ein kompetenter Ansprechpartner für Medien werde, der sich auch nicht scheue, mal bei einer Zeitung anzurufen. "Es ist eine Win-Win-Situation", sagt sie. Ansprechpartner ist sie schon jetzt für die anderen Volontäre bei Fragen zur Kirche. Nach dem Volontariat will sie wahrscheinlich als Pfarrerin in eine Gemeinde gehen.