TV-Tipp des Tages: "Anderst schön"

TV-Tipp des Tages: "Anderst schön"
TV-Tipp des Tages: "Anderst schön", 12. Juni, 20.15 Uhr im Ersten
Wenn ein Film mit den Worten "Es war einmal ein Hausmeister" beginnt, muss es sich um ein Märchen handeln. So ist es auch, aber es dauert eine ganze Weile, bis das Glück in dieser ungewöhnlichen Romanze endlich freie Bahn hat.

Zunächst sieht es recht lange so aus, als sei Roger (Charly Hübner) in einer Sackgasse angekommen. Er fristet sein Dasein gemeinsam mit anderen verkrachten Existenzen in einem Schweriner Plattenbau. Das Gebäude steht allerdings kurz vor dem Abriss; der Prolog endet mit der grimmigen Zeitraffereinstellung eines gefräßigen Baggers, der die Häuser ringsherum in Nullkommanix dem Erdboden gleichmacht. Und dann schickt das Schicksal einen Sonnenstrahl: Ellen (Christina Große) hat sich für den Start in ein neues Leben ausgerechnet diesen Wohnsilo ausgesucht. Roger ist hin und weg, aber seine trinkfreudige Mutter (Renate Krößner) sorgt dafür, dass ihrem Sohn die Flausen gründlich vergehen. Natürlich lässt sich die Liebe nicht beirren, auch wenn sie einen Umweg in Kauf nehmen muss.

Dramaturgisch erzählt Wolfgang Stauch (zuletzt "Der Andi ist wieder da") mit seinem Drehbuch eine ganz normale Liebesgeschichte, die dem üblichen Schema gehorcht: Zwei Menschen sind füreinander bestimmt, aber es dauert eine Weile, bis auch beide dies erkennen; und auf dem Weg zum Happy End türmt sich ein unüberwindbar scheinendes Hindernis auf. Aber schon diese Hürde ist ausgesprochen originell: Ellen hat die Geschäftsführung einer Kneipe übernommen, bessert ihr Gehalt aber mit Flirt-SMS auf. Als sich der einsame Roger meldet, entdecken die beiden ihre Seelenverwandtschaft und beginnen einen regen Nachrichtenaustausch, natürlich ohne zu ahnen, mit wem sie kommunizieren. 500 sündhaft teure Botschaften später fällt der Hausmeister angesichts der Rechnung aus allen Wolken. Als sich dann noch rausstellt, dass seine Brieffreundin Ellen war, fühlt er sich gleich doppelt hintergangen.

Der große Charme dieses von Bartosz Werner mit großer Gelassenheit inszenierten Films liegt nicht zuletzt im Verzicht auf die üblichen Erkennungsmerkmale einer Romanze; und in der potenziellen Abgründigkeit der Geschichte. Im Grunde ist "Anderst schön" ein Sozialdrama, aber die Stimmung ist aller Tristesse zum Trotz vorwiegend heiter. Das liegt in erster Linie an der Hauptfigur und ihrer wunderbaren Verkörperung durch Charly Hübner. Roger ist ein gutmütiger Riese mit dem Herzen eines Kindes. Der Mann ist alles andere als vom Glück verfolgt, lässt sich aber nicht unterkriegen, stets getreu dem Motto "Am Ende wird alles gut. Und wenn es noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende." Viel Anlass für Zuversicht bietet ihm das Leben zwar nicht, aber Stauch und Werner finden immer wieder schöne Bilder, die Rogers sonniges Gemüt rechtfertigen. Eine großartige Idee ist zum Beispiel sein Refugium auf dem Dach, wo sich eine kleine Schafherde tummelt; die Tiere rettet er regelmäßig vor einem türkischen Nachbarn (Kida Khodr Ramadan), der sie schächten will. Später stellt sich raus, dass der Mann Vegetarier ist. "Anderst schön" hat eine Vielzahl solcher sympathischer kleiner Einfälle zu bieten, die das Drehbuch beiläufig einstreut. Für sich genommen mögen sie nicht weiter wichtig sein, aber sie tragen enorm viel zu warmherzig humorvollen Atmosphäre des Films bei; und natürlich an der Charakterisierung seiner Hauptfigur.

Mit ähnlich viel Liebe sind auch unter anderem von Steffi Kühnert, Hermann Beyer und Barbara Philipp gespielten Nebenfiguren entworfen. Ganz famos ist die Leistung der jungen Emilie Neumeister (in ihrer zweiten Rolle nach "Der Kotzbrocken") als Ellens fast 15jähriger Tochter, die maßgeblichen Anteil daran hat, dass am Ende tatsächlich alles gut wird.