Zwei Sichtweisen auf das Patenamt
Die Kirche bewegt sich dabei zwischen zwei Haltungen:
- Zulassend: Das Patenamt ist Ausdruck der Zugehörigkeit zur Kirche. Wer Pat:in wird, soll den christlichen Glauben vertreten und vorleben – daher ist Kirchenmitgliedschaft Voraussetzung.
- Einladend: Das Patenamt kann auch ein Schritt hin zur Kirche sein. Es zählt die Bereitschaft, das Kind auf seinem Lebens- und Glaubensweg zu begleiten – unabhängig von der formalen Kirchenzugehörigkeit.
Beide Sichtweisen vertrauen darauf, dass Pat:innen oder Taufzeug:innen ihre Aufgabe verantwortungsvoll wahrnehmen – ob sie nun offiziell zur Kirche gehören oder nicht.
Die Praxis in Kurhessen-Waldeck
Die EKKW geht bewusst einen vermittelnden Weg: In ländlichen Regionen mit starker kirchlicher Prägung wird oft an der Kirchenmitgliedschaft für Pat:innen festgehalten. In säkulareren Gegenden hingegen wird die familiäre Bindung stärker gewichtet – und Taufzeug:innen werden als Alternative oder Ergänzung zu Pat:innen anerkannt.
Diese Offenheit zeigt sich auch in der neuen Taufagende der EKKW:
- Taufzeug:innen werden ausdrücklich angesprochen und einbezogen.
- Sie können aktiv am Taufgottesdienst mitwirken, z. B. im Taufgespräch, bei der Fürbitte oder durch ein eigenes Versprechen.
- Auch konfessionslose Menschen oder Angehörige anderer Religionen können so Teil des Taufgeschehens werden.
Zwei mögliche Versprechen im Gottesdienst
Je nach persönlichem Glaubenshintergrund können Taufzeug:innen ein Versprechen mit oder ohne Gottesbezug abgeben:
- Mit Gottesbezug:
"Liebe Eltern, liebe Patinnen und Paten, liebe Taufzeuginnen und Taufzeugen, ihr wollt, dass N.N. / euer Kind getauft wird. Damit übernehmt ihr die Aufgabe, mit eurem Kind im christlichen Glauben zu leben und ihm durch Wort und Beispiel zu helfen, Gott und die Menschen [, sich selbst und die Schöpfung] zu lieben. Seid ihr dazu bereit? So antwortet: Ja [, mit Gottes Hilfe]." - Oder ohne Gottesbezug:
"Wir freuen uns, dass N.N. geboren ist. Wir wollen ihm/ihr gute Freunde/Freundinnen sein, die da sind, wenn er/sie uns braucht. Wir hoffen unser Leben gelingt. Wir wollen liebevoll miteinander umgehen, hilfsbereit und mutig handeln, für den Frieden eintreten, die Rechte von Menschen und Natur achten. Wir alle sind angewiesen auf Schutz und Hilfe, auf gute Worte und auf Kräfte, die größer sind als wir selbst. Darum versprechen wir euch, N.N. und N.N. (Namen der Eltern), gute Wegbegleiter zu sein für euer Kind."
Die EKKW versteht Taufzeug:innen also nicht als "Notlösung", sondern als Bereicherung. Sie ermöglichen es, dass auch Menschen ohne Kirchenmitgliedschaft eine wichtige Rolle bei der Taufe übernehmen – und damit zeigen: Verantwortung, Liebe und Begleitung sind nicht an formale Zugehörigkeit gebunden.
Autoren
Lars Hillebold
Lars Hillebold wurde als Kind 1972 in Kassel getauft, ist Pfarrer, Leiter des Referats Gottesdienst und Theologie sowie Vorsitzender der Liturgischen Kammer der Evangelischen Kirche Kurhessen-Waldeck und Buchautor, vor allem von Büchern zu Gottesdiensten, Predigt und Kasualien.