Darin heißt es: "Wir werben dafür, dass nicht die militärische Logik das Denken, Planen und Organisieren für Afghanistan beherrscht, sondern dass den zivilen Anstrengungen der Vorrang zukommt, der ihnen in friedensethischer Hinsicht gebührt." Dem Bundestag wird empfohlen, zugleich mit dem Mandat für den Bundeswehreinsatz auch einen Beschluss zum Einsatz ziviler Kräfte zu fassen. Das EKD-Wort wurde wenige Tage vor der Londoner Afghanistankonferenz und der Regierungsklärung zu Afghanistan veröffentlicht. Am Mittwoch will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Bundestag zu Afghanistan eine Regierungserklärung abgeben, am Donnerstag folgen die Beratungen in London.
Kein Rückzugs-, aber ein Überprüfungsdatum
Unterzeichner des Kirchenwortes sind die Ratsvorsitzende Margot Käßmann, ihr Stellvertreter Nikolaus Schneider, Militärbischof Martin Dutzmann und der Friedensbeauftragte Renke Brahms. Zum Jahreswechsel hatte Bischöfin Käßmann in Predigten und Interviews Kritik an der Lage in Afghanistan geübt. Vor allem der Satz "Nichts ist gut in Afghanistan" hatte ihr Kritik aus der Politik eingetragen.
Ein Termin für einen Rückzug aus Afghanistan nennt die evangelische Kirche nicht. Sie befürwortet allerdings ein Datum, um den gesamten Einsatz zu überprüfen. Unter Bezug auf die Friedensdenkschrift von 2007, die bei der Sorge für gerechten Frieden militärische Gewalt lediglich als letztes Mittel befürwortet, argumentiert die EKD: "Wir sehen gegenwärtig nicht, dass der Einsatz anhand der friedensethischen Kriterien eindeutig gebilligt oder abgelehnt werden könnte."
"Bilanz zwiespältig und ernüchternd"
Ziel der von den UN beschlossenen militärischen Intervention sei die Überwindung des Terrors der Taliban und der Aufbau der Zivilgesellschaft, erinnern die EKD-Spitzenvertreter und fügen hinzu: "Nach mehr als acht Jahren ist es Zeit, Bilanz zu ziehen und, wo erforderlich, Kurskorrekturen vorzunehmen." Die bisherige Bilanz des Afghanistan-Einsatzes ist nach Einschätzung der EKD "zwiespältig und ernüchternd".
Zwar gebe es erste Erfolge im zivilen Aufbau, die ohne die internationalen Schutztruppen nicht möglich gewesen wären. Aber es gebe auch viele Opfer auf ziviler und militärischer Seite, der Wiederaufbau komme nur schleppend voran. Deshalb müsse das Engagement der zivilen Friedenskräfte und nichtstaatlichen Organisationen aufgestockt und qualitativ verbessert werden, wird gefolgert. Als vorrangige Aufgaben werden genannt: öffentliche Ordnung, Sicherheit der Zivilbevölkerung durch Polizeikräfte, funktionierendes Rechtssystem, Aufbau einer von Krieg und Drogenanbau unabhängigen Wirtschaft sowie Gespräche mit den aufständischen Taliban.
Ziviles und militärisches Vorgehen müssten "aufeinander bezogen" und zugleich "voneinander unterschieden" sein, wird in dem EKD-Papier gefordert. Für die Bevölkerung in Afghanistan müsse deutlich sein, ob sie es mit militärischen oder zivilen Kräften zu tun habe. Bedingung für eine militärische Intervention sei ein politisches Konzept mit klarer Strategie und Zielen. Dazu gehöre es, die Erfolgsaussichten nüchtern zu kalkulieren, sowie Szenarien für eine Ende des Einsatzes zu formulieren.
Im Wortlaut: "Aus Gottes Frieden leben - für gerechten Frieden sorgen. Ein evangelisches Wort zu Krieg und Frieden in Afghanistan"