Israels neuer Politstar Lapid will Orthodoxen den Kampf ansagen

Ultraorthodoxe Juden
Foto: dpa/Abir Sultan
Der frühere Fernsehmoderator Jair Lapid würde Ultraorthodoxe gerne zum Wehrdienst einziehen lassen.
Israels neuer Politstar Lapid will Orthodoxen den Kampf ansagen
Der 49 Jahre alte Politneuling Jair Lapid hat mit seiner Zukunftspartei aus dem Stand den Sprung auf Platz zwei im israelischen Parlament geschafft. Auch religiöse Parteien verbesserten ihre Ergebnisse. Trotzdem werden sie es schwer haben: Denn der neue Star Lapid will die Privilegien der Religiösen bekämpfen.

Bei den israelischen Parlamentswahlen konnten die beiden ultraorthodoxen Parteien am Dienstag ihre Position in der Knesset leicht verbessern. Zusammen kommen sie auf 17 der insgesamt 120 Sitze. Die Liste "Vereintes Thora-Judentum", der zumeist aschkenasische, aus Europa und Osteuropa eingewanderte Ultraorthodoxe angehörten, verbessert sich von fünf auf sieben Sitze. Die orientalisch-orthodoxe Schas-Partei ist in der neuen Knesset mit elf statt bisher zehn Abgeordneten vertreten.

Gegen die Privilegien der Religiösen

Trotz ihres Wahlerfolges läuft die Schas-Partei Gefahr, nicht Teil einer Koalition unter Führung des geschwächten Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zu werden. Dessen Wahlbündnis aus dem Likud und der ultrarechten Partei "Unser Heim Israel" kommt nur noch auf 31 Sitze. Der große Wahl-Gewinner, Jair Lapid, Chef von "Jesch Atid" ("Es gibt eine Zukunft"), die aus dem Stand mit 19 Mandaten zweitstärkste Fraktion wurde und als möglicher Koalitionspartner Netanjahus gilt, hat sich den Kampf gegen die Privilegien der Religiösen zum Ziel gesetzt. Für die ultraorthodoxe Klientel hat er wenig Sympathie. Lapids Familienname bedeutet auf Hebräisch Fackel - mit seinem Gang in die Politik will der verheiratete Vater dreier Kinder den Weg zu einem moderneren, gerechteren Israel leuchten.

Der frühere Fernsehmoderator Lapid tritt auch für eine gerechtere Verteilung der staatsbürgerlichen Pflichten ein. Ginge es nach ihm, würden Ultraorthodoxe zum Wehrdienst eingezogen werden. Offiziell besteht für alle jüdischen Männer und Frauen in Israel Wehrpflicht, nachdem eine Sonderregelung für Orthodoxe vom Obersten Gerichtshof beendet wurde. In der Praxis ist aber eine Gleichstellung von weltlichen und religiösen Israelis in der Armee indes längst nicht erreicht.

Unterschiedliche Positionen zum Armeedienst

Das Thema erhitzt seit Jahren die Gemüter und droht die Gesellschaft zu spalten. Arie Deri, Chef der Schas-Partei, rief noch in der Wahlnacht dazu auf, "nichts mit Gewalt zu erzwingen". Mit gutem Willen werde eine Lösung zu finden sein, sagte er. Der Wahlkampf von Schas war überschattet von Spannungen zwischen Deri und dessen Vorgänger Eli Ischai. Erst im Oktober kehrte Arie Deri nach 13jähriger politischer Auszeit, von denen er drei Jahre wegen Bestechung im Gefängnis verbrachte, in sein altes Amt als Chef der ultraorthodoxen Partei zurück.

Den ultraorthodoxen Aschkenasim sind innerparteiliche Machtkämpfe dieser Art fremd. Das "Vereinte Thora-Judentum" kennt keinen Parteichef, sondern die politische Führung setzt sich zusammen aus Rabbinern verschiedener ultraorthodoxer Gemeinden, die weitgehend unabhängig agieren. Hauptziel der Liste ist der Ausbau der staatlichen Finanzierung für ultraorthodoxe Einrichtungen. Auch dieses religiöse Partei lehnt den Armeedienst für Ultraorthodoxe strikt ab.

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Völlig selbstverständlich gehört der Armeedienst für die erstarkte nationalreligiöse Partei "HaBayit Hajehudi" ("Das jüdische Heim"), die mit elf Mandaten in die Knesset einzieht, zu den staatsbürgerlichen Pflichten. Bei Rabbi Ovadia Jossef, dem spirituellen Mentor der Schas-Bewegung, gilt die Liste des IT-Millionärs Naftali Bennett auch deswegen als "Partei der Gojim" (Nichtjuden). Die drei arabischen Parteien kommen zusammen auf zwölf Sitze.