Simbabwe zwischen Hoffnung und Niedergang

Foto: Getty Images/Raphael Huenerfauth
Simbabwes Premierminister Morgan Tsvangirai (links) und Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel.
Simbabwe zwischen Hoffnung und Niedergang
Entwicklungsminister Niebel wirbt bei Besuch für Demokratie und Menschenrechte
Während sich die FDP mit einer Personaldebatte quält, die ausgerechnet eines seiner Interviews ausgelöst hat, versucht der Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel im fernen Afrika zu punkten. In Simbabwe gilt es Weichen für freie, faire und friedliche Wahlen zu stellen.
04.12.2012
Elvira Treffinger

Je näher man dem Stausee kommt, desto mehr Schlaglöcher haben sich in die Straße gefressen. Der Khami-Damm außerhalb der Stadt Bulawayo ist verlassen, die Pumpen stehen seit fast 25 Jahren still. Aber nun setzt die Industriestadt im Süden Simbabwes ihre Hoffnung auf das Wasserwerk von 1927.

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Mit deutscher Entwicklungshilfe an die Kommune sollen Rohre, Pumpen und Filter schnell repariert oder ersetzt werden, um Brauchwasser für Industrie und Landwirtschaft zu gewinnen. Damit kann wertvolles Trinkwasser gespart werden, denn wegen der Dürre ist die Lage ernst. In Bulawayo fließt nur noch an drei Tagen pro Woche Wasser aus der Leitung. Wenn nicht bald viel Regen fällt, wird es noch knapper.

Wegen des politischen und wirtschaftlichen Chaos wurde keine Vorsorge getroffen, nichts investiert. "Wir in Bulawayo leiden mehr, aber Verfall gibt es überall in Simbabwe", sagt Stadtrat Martin K. Moyo, während Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) den Staudamm besucht. Der wirtschaftliche Niedergang im vergangenen Jahrzehnt ist auch anderswo noch spürbar: Enteignete Farmen liegen brach, Fabriken stehen still, die Arbeitslosigkeit stieg auf 80 Prozent. 1,7 Millionen Simbabwer, fast ein Fünftel der Bevölkerung, brauchen Nahrungsmittelhilfe.

Eine Stadt bietet Mugabe die Stirn

"Bulawayo war eine quirlige Stadt, jetzt ist sie tot", sagt Moyo bei der Fahrt durch das verödete Industriegebiet. Die zweitgrößte Metropole Simbabwes ist aber auch eine Hochburg der "Bewegung für Demokratischen Wandel" (MDC), die dem autoritär regierenden Präsidenten Robert Mugabe und seiner Partei ZANU-PF trotz zweitweise brutaler Gewalt seit 1999 die Stirn bietet. Manches ließ man deshalb absichtlich verfallen, glauben MDC-Anhänger.

Armut in Simbabwe: Margaret Master mit ihren Kindern in Harare. Jede Nacht sucht sich die 29-Jährige ein neues Nachtquartier. Um vor den Schlägerbanden von Präsident Mugabe sicher zu sein, schläft sie bei Verwandten und Freunden in einem der vielen tausend Hütten und Verschlagen von Mbare, einem der großen Elendsviertel am Rande Harares. Etwa 250 000 Menschen leben hier. Foto: epd-bild

Mit der Vertreibung der weißen Farmer wollte sich der heute 88 Jahre alte Mugabe an der Macht halten, er brach damit der Wirtschaft das Rückgrat. Nach Hyperinflation und Wirtschaftskollaps geht es erst langsam aufwärts. Als abschreckend für Investoren kritisiert Niebel das Gesetz von 2007, das ausländischen Firmen ab einer bestimmten Größe vorschreibt, 51 Prozent der Anteile schwarzen Simbabwern zu übertragen.

Keine Rede von Doppelspitze

Politisch ist die Situation paradox: Nach den umstrittenen und von massiver Gewalt begleiteten Wahlen von 2008 wurde die MDC an der Regierung beteiligt. MDC-Vorsitzender Morgan Tsvangirai ist Premierminister. Von einer Doppelspitze, wie in der FDP diskutiert, kann aber keine Rede sein. Mugabe ist Präsident und will es trotz seines hohen Alters bleiben. Seine ZANU-PF dominiert, über den Staats- und Sicherheitsapparat.

"Die Regierung ist handlungsunfähig", sagt Eddie Cross, weißer Farmer und Stratege der MDC. "Es kann nicht länger so weitergehen." Doch einige von Mugabes Leuten versuchen, die neue Verfassung und die Vorbereitung freier und fairer Wahlen zu torpedieren.

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Niebel trifft bei seinem Besuch erstmals Tsvangirai, der in seiner Residenz auf einer Anhöhe in Harare schon ein 15-Punkte-Programm für die Zeit nach der Wahl präsentiert. Offen und herzlich sei der munterer Austausch mit dem ehemaligen Gewerkschafter gewesen, sagt der FDP-Minister. Nun gibt sich Tsvangirai zuversichtlich, dass sowohl das Verfassungsreferendum als auch die Wahlen 2013 stattfinden werden. "Aber fragen Sie mich nicht wann", fügt er lachend hinzu.

Während in der Bevölkerung die Furcht vor neuer Gewalt im Umfeld der Wahlen umgeht, geben sich MDC-Politiker mal mehr, mal weniger siegessicher. Entwicklungsminister Niebel will indes keine Wahlhilfe betreiben: "Ich möchte allen in Simbabwe versichern, die für Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Menschenrechte arbeiten, dass sie meine Unterstützung haben, ganz gleich, welcher Partei sie angehören", sagt er immer wieder.

Er macht einen Bogen um Mugabe

Um Mugabe macht Niebel einen Bogen. Der international isolierte greise Machthaber soll ein Treffen nicht als Aufwertung ausschlachten können. Bei Niebels Gespräch mit Vizepräsidentin Joice Mujuru, die dem Reformflügel der ZANU-PF zugerechnet wird, sind aber auch zwei Hardliner anwesend, "die wohl ein gewisses Maß an Parteiaufsicht geführt haben", vermutet er. Etwas gespannt verläuft daher das Gespräch mit einer möglichen Nachfolgerin Mugabes.

Einer der ersten Prüfsteine für einen glaubwürdigen Verfassungs- und Wahlprozess ist die baldige Zulassung ausländischer Beobachter, die von Anfang an gegen mögliche Einschüchterungen protestieren könnten. Niebel zufolge hat sich Simbabwes Regierung darauf verständigt. Am Zug sei aber Mugabe: "Die Wahlbeobachter einladen kann nur der Präsident."