Studie: Deutsche fürchten Falschinformationen

Fake News Collage auf Tastatur
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Die Deutschen sehen in Desinformation in Internet und sozialen Medien eher eine Gefahr für andere als für sich selbst.
"Verunsicherte Öffentlichkeit"
Studie: Deutsche fürchten Falschinformationen
Viele Bundesbürger halten Falschinformationen für eine große Gefahr. Sie könnten politische Stimmungen und Wahlen beeinflussen, heißt es in einer Studie. Politik, Medien und Zivilgesellschaft müssten aktiver werden, mahnen die Studienautoren.

Die Mehrheit der Deutschen sieht die Demokratie durch absichtlich verbreitete Falschinformationen massiv gefährdet. Nach Meinung von 81 Prozent der Befragten bedeutet Desinformation im Internet eine Gefahr für Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt, wie die Bertelsmann-Stiftung am Mittwoch in Gütersloh bei der Vorstellung der Untersuchung "Verunsicherte Öffentlichkeit" mitteilte. Am häufigsten werde Desinformation in sozialen Medien, auf Blogs und Nachrichtenseiten sowie in Messenger-Diensten wahrgenommen.

Bei der Einschätzung von Motiven für die Verbreitung von Falschinformationen herrsche bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Umfrage große Einigkeit, hieß es weiter. Über 90 Prozent sagten, dass damit die politische Meinung in der Bevölkerung beeinflusst werden solle. Ähnlich hoch sind die Werte demnach für die Beeinflussung des Wahlausgangs und die Spaltung der Gesellschaft (86 beziehungsweise 84 Prozent). Am häufigsten komme Desinformation in der Wahrnehmung der Befragten bei umstrittenen Themen wie Einwanderung, Gesundheit, Krieg und Klimakrise vor.

Als Quelle für Falschinformationen vermuten die Menschen in Deutschland laut der Bertelsmann Stiftung hauptsächlich Akteure aus dem politischen Raum. Zwei Drittel machten dafür Protest- und Aktivistengruppen verantwortlich, gefolgt von Bloggern und Influencern (60 Prozent), ausländischen Regierungen (53 Prozent) sowie Politikern und Parteien in Deutschland (50 Prozent). Rund ein Drittel der Befragten nannte die deutsche Bundesregierung.

Den meisten Menschen in Deutschland sei inzwischen bewusst, dass Desinformation eine Gefahr für die demokratische Gesellschaft darstelle, erklärte die Vorständin der Bertelsmann Stiftung, Daniela Schwarzer. Den Versuch, durch vorsätzliche Falschinformationen Wahlen zu beeinflussen und Vertrauen in Politik, Parteien und Medien zu untergraben, nannte Schwarzer im Blick auf das laufende Wahljahr "eine Herausforderung, die gelöst werden muss, um unsere liberale Demokratie zu schützen".

Die Studienautoren mahnten, dass Politik, Medien und Zivilgesellschaft in Deutschland hier noch aktiver werden müssten. Nötig seien bessere Vorgaben. "Die sozialen Netzwerke sollten verpflichtet sein, Faktenchecks und Vertrauensbewertungen einzubinden", erklärte die Co-Autorin und Digitalexpertin der Bertelsmann Stiftung, Cathleen Berger. Nutzern müsse es erleichtert werden, Informationen zu überprüfen und zu melden. Ergänzend brauche es ein unabhängiges Monitoring digitaler Inhalte durch mehrere, nicht-staatliche Akteure.

70 Prozent der Befragten in Deutschland meinen laut der Studie, dass Desinformation ein Problem vor allem für andere Menschen darstelle. Nur 16 Prozent sehen darin ein Risiko für sich selbst. In den USA, wo die Umfrage ebenfalls durchgeführt wurde, sorgten sich demnach mit 39 Prozent deutlich mehr Bürgerinnen und Bürger darum, selbst getäuscht zu werden und prüften deshalb die Inhalte häufiger und kritischer.

Für die Studie "Verunsicherte Öffentlichkeit" ließ die Bertelsmann Stiftung nach eigenen Angaben im Oktober 2023 in Deutschland rund 5.000 und in den USA rund 2.000 Personen ab 16 Jahren durch ein Meinungsforschungsinstitut online befragen.