Reformen, Finanzen und Missbrauch

© EKIR/Dominik Asbach
"Wir müssen konsequent aufarbeiten, um Prävention zu leisten", sagte Präses Thorsten Latzel beim Jahrestreffen des Kirchenparlaments im Rheinland in Bezug auf den Umgang mit sexualisierter Gewald. Das Thema Vertrauen sei essenziell.
Rheinische Synode
Reformen, Finanzen und Missbrauch
Kreative Ideen und Reformen, aber auch Abschiede, Um- oder Rückbau: Die rheinische Kirche diskutiert auf ihrer nächsten Landessynode intensiv über die Zukunft kirchlichen Lebens. Auch gewohnte Rituale werden an Lebenswirklichkeiten angepasst.

Veränderungen des kirchlichen Lebens und grundlegende Strukturreformen sind zentrale Themen der rheinischen Landessynode, die vom 14. bis 19. Januar in Düsseldorf über die Zukunft der zweitgrößten deutschen Landeskirche berät. Es gebe großen Veränderungsbedarf, sagte der leitende Theologe, Präses Thorsten Latzel, am Donnerstag in Düsseldorf. Die Kirche wolle auch künftig für andere da sein, zum Zusammenhalt der Gesellschaft beitragen und "die Frage nach Gott wachhalten".

Vor dem Hintergrund sinkender Einnahmen und Mitgliederzahlen widmen sich die knapp 200 Mitglieder des Kirchenparlaments, die knapp 2,3 Millionen rheinische Protestanten repräsentieren, bei ihrem Jahrestreffen jenseits der üblichen Ausschüsse der Diskussion über die Kirche der Zukunft. Eine Hauptfrage ist, wie Gemeinden und andere kirchliche Orte auch mit weniger finanziellen und personellen Möglichkeiten attraktiv gestaltet werden können.

An einem "Workshoptag" geht es unter anderem um religiöse Bildung in Familien, Nachwuchsgewinnung, Mitgliederbindung, Glauben im Alltag, neue Gemeindeformen und eine andere Gestaltung von Presbyterien. "Wir stärken die Reformprozesse auf allen kirchlichen Ebenen", sagte Präses Latzel. Konkret sollen etwa die Regeln für Gottesdienste und Amtshandlungen wie Taufen, Trauungen und Abendmahl gelockert werden. Es gehe darum, den Gemeinden vor Ort mehr Freiheit zu geben und zeitgemäße Lösungen zu erlauben, die der Lebensrealität entsprechen, sagte der leitende Jurist der Landeskirche, Vizepräsident Johann Weusmann. Er erwartet bei der Synode lebhafte Diskussion über dieses "sensible Thema".

Aber auch das Gremienwesen einschließlich der Synodenstruktur soll auf den Prüfstand kommen. Zum nötigen Umbau der Kirche gehören zudem die Aufgabe vieler Gebäude und ein Abbau von Pfarrstellen. Im laufenden Jahr liegen die Netto-Kirchensteuereinnahmen der rheinischen Landeskirche nach den Worten des Leiters der Abteilung Finanzen und Diakonie, Henning Boecker, bei knapp 720 Millionen Euro, ein Minus von sechs Prozent gegenüber der Planung. Für kommendes Jahr sei mit gleichbleibenden Einnahmen zu rechnen.

Der Rückgang der Finanzkraft treffe alle kirchlichen Ebenen, die auch gestiegene Ausgaben etwa durch höhere Energiekosten zu spüren bekämen. Hauptgrund für den Einnahmerückgang ist laut Boecker die wirtschaftliche Entwicklung, die sich stärker auswirke als der Mitgliederrückgang.

Jeder Fall sexualisierter Gewalt steht für ein persönliches Schicksal

Thema der Synode wird auch der Umgang mit sexualisierter Gewalt sein - wenige Tage vor der Veröffentlichung der ersten bundesweiten Studie externer Wissenschaftler zu Missbrauch in evangelischer Kirche und Diakonie. Bei der vor zwei Jahren eingerichteten Meldestelle der rheinischen Kirche gingen mittlerweile 87 Meldungen ein, 24 davon seit Mitte dieses Jahres. "Uns ist wichtig, dass wir wirklich konsequent die Perspektive der Betroffenen ernst nehmen und nicht nur von einzelnen Fällen, Zahlen, dabei sprechen", sagte Präses Latzel. Denn hinter jedem gemeldeten Fall stehe ein "persönliches, menschliches Schicksal".

Die Landessynode diskutiert auch über eine Reihe weiterer Vorlagen und verabschiedet Kirchengesetze und den Haushalt. Politische Themen sind etwa der Flüchtlingsschutz an den EU-Außengrenzen und Antisemitismus. Die rheinische Kirche erstreckt sich über Teile von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland und ist gegliedert in 37 Kirchenkreise mit 627 Gemeinden.