"Christsein ist ein Weg der Veränderung"

Mann betet
© Ümit Bulut/unsplash
Im Interview mit dem epd stellt Pfarrer Steffen Tiemann sein neues Buch "Die sieben Pfade zur Veränderung" vor. Er ist der Meinung, dass der Glaube an Gott Übung braucht.
Glaube im Alltag
"Christsein ist ein Weg der Veränderung"
Glaube braucht Übung, damit er ins Leben kommt und es verwandelt, ist der Pfarrer an der Evangelischen Auferstehungsgemeinde Bonn, Steffen Tiemann, überzeugt. Und deshalb sind Vorbilder, Gemeinschaft und gute Gewohnheiten für einen lebendigen Glauben wichtig, erklärt der Theologe und Buchautor im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

epd: Herr Pfarrer Tiemann, Sie haben ein Buch mit dem Titel "Die sieben Pfade zur Veränderung" geschrieben, das im SCM-Verlag erschienen ist. Darin geben Sie Tipps, wie der Glaube in das Leben greifen kann. Warum ist Ihnen dieses Thema wichtig?

Steffen Tiemann: Das Thema beschäftigt mich schon lange: Als Gemeindepfarrer habe ich mich gefragt: Was bewirkst du eigentlich mit deinen Predigten? Man bringt viele interessante Infos in eine Predigt hinein, aber ich beobachte auch bei mir, dass es dann so eine Kluft gibt zwischen Einsicht und Handeln. So viel Leben im Konjunktiv - man könnte, sollte, müsste, aber so wenig echte Veränderung! Und deshalb habe ich mich gefragt, wie wichtige Einsichten im Leben verankert werden können.

Und was sind Ihre Erkenntnisse: Wie wird zum Beispiel aus der Einsicht, dass man mehr beten oder großzügiger leben will, dann auch eine Gewohnheit?

Tiemann: Glaube braucht Übung, damit er ins Leben kommt und das Leben verwandelt. Jesus hat seine Jünger nicht auf eine Kirchenbank gesetzt, sondern das Leben mit ihnen geteilt. Er hat Reden gehalten, aber die waren immer verbunden mit dem Leben. Und er redete nicht nur, sondern handelte und gab seinen Schülern ein Beispiel: Sie sahen ihm beim Beten zu und erlebten, wie barmherzig und wertschätzend er mit Ausgestoßenen und Verachteten umging. Jesus machte sich zum Vorbild, an dem sich seine Jünger orientieren und das sie imitieren sollen. Ich glaube, es braucht auch heute Vorbilder: Menschen, die einen attraktiven Glauben vorleben. Wenn ich mir anschaue, was mich und meinen Glauben geprägt hat, dann waren das vor allem eine Reihe von Menschen, die mir etwas vorgelebt haben, das ich auch so leben wollte. Deshalb finde ich es wichtig, im eigenen Umfeld nach inspirierenden Vorbildern zu schauen. Außerdem sind hilfreiche Gewohnheiten und Gemeinschaft wichtig.

"Sie sahen ihm beim Beten zu und erlebten, wie barmherzig und wertschätzend er mit Ausgestoßenen und Verachteten umging. Jesus machte sich zum Vorbild."

epd: Inwiefern?

Tiemann: Wir sind Gemeinschaftsmenschen und es stärkt die Motivation und hebt die Stimmung, wenn wir als Christinnen und Christen gemeinsam unterwegs sind. Ein Hauskreis, eine Freizeit oder eine andere Gruppe, in der gemeinsam gebetet und geglaubt wird, kann eine enorme Bereicherung sein. Überdies helfen Gewohnheiten. Das ist, glaube ich, einer der Schlüssel, dass der Glaube in das reale Leben kommt und sich im Alltag verankern kann. Das tägliche Gebet am Morgen, oder der Dauerauftrag für eine Hilfsorganisation können solche Schritte sein. Auch beim Predigen spreche ich mich dafür aus, lieber länger an einem Thema dranzubleiben, als jeden Sonntag über etwas anderes zu predigen. Wenn eine Gemeinde großzügiger oder barmherziger leben will - warum sich mit diesem Thema nicht einmal sieben Wochen am Stück beschäftigen und die ersten Schritte in diese Richtung gehen? Christsein ist nicht ein Status, den man mit der Taufe besitzt, sondern ein Weg der Veränderung, den man gehen sollte. Dazu möchte ich motivieren.