"Gäbe es kein Villigst, man müsste es erfinden"

Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie
© Diakonie/Thomas Meyer
Diakonie-Präsident Lilie war Stipendiat des Evangelischen Studienwerk Villigst. Die Kontakte aus dem Studium hatten seinen Berufswunsch als Pastor bestärkt.
Studienwerk Villigst wird 75
"Gäbe es kein Villigst, man müsste es erfinden"
Das Evangelische Studienwerk Villigst feiert sein 75-jähriges Bestehen. Zu den ehemaligen Stipendiaten zählt auch sein Präsident Ulrich Lilie. evangelisch.de hat ihn zu seinen Erfahrungen interviewt.

evangelisch.de: Herr Lilie, in welcher Weise hat Sie das Evangelische Studienwerk gefördert?

Ulrich Lilie: Dem Evangelischen Studienwerk verdanke ich zunächst einmal eine großzügige finanzielle Förderung. Ausdrücklich erwähnt sei das Büchergeld, das den Erwerb manches nicht nur wissenschaftlichen Buchs ermöglicht hat. Zudem habe ich von vielen individuellen Gesprächen mit der Studienleitung und Mitstudierenden sehr profitiert, von Begegnungen in Seminaren und Tagungen und den Möglichkeiten der Vernetzung mit interessanten Menschen aus den unterschiedlichsten Disziplinen. Im Studienwerk habe ich Erfahrung mit der Arbeit in Gremien sammeln dürfen, die ich später im Berufsalltag vielfältig einsetzen konnte.

Was hat Ihnen diese Förderung bedeutet?

Lilie: Die Förderung und die Einbindung in diesen besonderen Bildungs- und Begegnungsort mit seinen vielfältigen Bezügen und im Austausch mit anderen konnte ich für mich herausfinden, was evangelische Existenz in einer sich rasch verändernden Welt bedeuten kann. Besonders erwähnen möchte ich das Sozialsemester, das mir für meine spätere berufliche Orientierung wichtige Impulse gegeben hat.

Wie hat sie diese Unterstützung in ihrer weiteren Biographie beeinflusst oder gestärkt?

Lilie: Ich bin bis heute überzeugt, dass das Studienwerk und die Erfahrungen und Kontakte, die es mir ermöglicht hat, mich nachhaltig darin bestärkt haben, meinen Berufswunsch evangelischer Pfarrer zu werden, später so umzusetzen, wie ich es dann getan habe.  

Welche Rolle und/oder Berechtigung hat diese Art der Begabtenförderung aus ihrer Perspektive?

Lilie: Ich bin überzeugt, dass begabte und engagierte junge Menschen alle Förderung verdienen, damit sie ihre Talente und Kompetenzen für ein gelingendes Leben und zum Wohl der Gesellschaft entwickeln und einsetzen. Und das unabhängig von ihrer Herkunft oder vom Geldbeutel der Eltern.

Was wünschen Sie dem Evangelischen Studienwerk zum Jubiläum?

Lilie: Dem Evangelischen Studienwerk wünsche ich weiterhin engagierte Unterstützer:innen und weiterhin den Mut, an diesem wunderbar gelegenen Lernort offen, interdisziplinär, dialogisch und konstruktiv-kritisch zu diskutieren. Ich hoffe, dass das Studienwerk auch weiterhin ein evangelisches Markenzeichen für Engagement- und Kompetenzförderung bleibt und jungen Menschen vielfältige Chancen eröffnet.

Und was liegt Ihnen zu diesem Thema persönlich am Herzen?

Lilie: Ich bin bis heute dankbar, dass ich das Glück hatte, in den Genuss der Förderung des Evangelischen Studienwerks zu kommen. Wenn es "Villigst" nicht gäbe, müsste man es erfinden. Es steht für eine besondere Atmosphäre des konstruktiv-kritischen Dialogs und des fairen Streits mit Niveau: Das ist Talentförderung im besten protestantischen Sinne.