"Ist deutsches Leben mehr wert als ugandisches?"

Zentrum Schöpfungsverantwortung | Podium Klimakrise begrenzen
© sceenshot DEKT Nürnberg
Zentrum Schöpfungsverantwortung | Podium Klimakrise begrenzen. Von links: Moderator Arnd Henze, Kira Vinke, Leiterin Zentrum für Klima und Außenpolitik, Berlin, James Bhagwan, Pfarrer, Suva/Fidschi, Dagmar Pruin, Präsidentin Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe.
Kirchentag zu globaler Gerechtigkeit
"Ist deutsches Leben mehr wert als ugandisches?"
Wie klingen Klima-Diskussionen in Deutschland für Menschen aus dem globalen Süden, deren Lebengrundlage schon jetzt schwindet? Auf dem Podium appellierten Vertreter:innen aus Uganda und von den Pazifikinseln an die Kirchentagsbesucher.

Es geht um die Gerechtigkeit beim Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen. Um die schlimmsten Folgen des Klimawandels noch rechtzeitig abzubremsen. Schon jetzt sind die Menschen am Horn von Afrika oder auch auf den Pazifikinseln lebensbedroht durch lange Dürren und Überschwemmungen.

So ist die Frage des evangelischen Pfarrers von den Fidschi-Insel im Pazifik eindringlich: "Ist ein deutsches Leben mehr wert als ein ugandisches Leben? Ist ein deutsches Leben mehr wert als ein Leben im Pazifik? Als ein Leben in Bangladesch?" Die Antwort aus Deutschland bestimme den politischen sowie den kulturellen und wirtschaftlichen Wandel, fasst der Pastor James Bhagwan zusammen. Sein Volk habe keine Fluchtwege auf den Inseln im Ozean. In anderen Ländern wie Bangladesch flüchteten Millionen Menschen ins Landesinnere. Das Podium zum Thema "Klimakrise begrenzen – Global gerecht?" zog mehr als 500 Teilnehmer:innen in die Nürnberger Messehalle. Am Ende wurde sogar eine Resolution angenommen. 

Die Zahlen sind alarmierend, der globale Süden sei für die Misere der Klimakrise am wenigsten verantwortlich und doch litten die Menschen am Horn von Afrika darunter am meisten, sagt die Klimaaktivistin Vanessa Nakate aus Uganda.    
"Historisch gesehen macht Afrika weniger als vier Prozent der globalen Emissionen aus." Das seien Gemeinschaften, die sich von Jahrhunderten des Kolonialismus und des Sklavenhandels erholen müssten und jetzt sei der Klimawandel das dringlichste Thema, obwohl sie den gar nicht verursacht hätten. 

Brot für die Welt-Präsidentin, Dagmar Pruin: "Das erste und wichtigste ist, dass wir als Kirche von der Wahrheit sprechen. Gerade in einer Welt, wo es bei Klimafragen so viele Fakenews gibt." Zugeschaltet war aus Uganda die Klimaaktivistin Vanessa Nakate, rechts im Bild. 

Zumindest in den Fachinstituten ist man sich einig, dass der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen oberste Priorität hätte. Kira Vinke, die Leiterin Zentrums für Klima und Außenpolitik aus Berlin sagt dann auch: "Wir brauchen eine ökologische Schuldenbremse". Weil sich der Norden gegenüber dem globalen Süden verschulde. Nicht anders herum.

Um der Klimaverantwortung gerecht zu werden und die Emission in Deutschland zu senken und in anderen Ländern mitzufinanzieren, seien weitere Investitionen in erneuerbare Energien notwendig. Es werde viel über das Zwei-Prozent-Ziel für militärische Investitionen gesprochen. "Wir brauchen auch zwei Prozent für den Klimaschutz", sagt Vinke. Das sei die Masse an Geld, die nötig sei. Die Klimakrise sei das drängendste Sicherheitsproblem. "Es wird keine Freiheit und keinen Frieden ohne den Klimaschutz geben", so Vinke. "Wir werden alles verlieren, wenn wir jetzt nicht handeln."

Auch die Präsidentin von Brot für die Welt, Dagmar Pruin appellierte an die Kirchentagsbesucher: "Das Erste und Wichtigste ist, dass wir als Kirche von der Wahrheit sprechen. Gerade in einer Welt, wo es bei Klimafragen so viele Fake News gibt." Alles sei auch immer eine Frage des Preises. Es gehe darum, für Veränderung Geld zu mobilisieren. Aber das "Wie" sei entscheidend.

Pruin kritisierte in dem Zusammenhang, dass es in Deutschland immer noch keine Abgabe auf Flughafenbenzin gebe. Sie siehe die Aufgabe der Kirche darin, immer wieder einerseits die Wahrheit zu hören von den Betroffenen. Aber auch darauf hinzuweisen, dass es eine Gerechtigkeitskrise sei. Für den globalen Norden heißt das auch, "dass Wohlstand aufgegeben werden muss". Es müsse sich etwas verändern, weil das Leben der Menschen im Süden genauso viel Wert sei wie das Leben der Menschen im Norden. Für die Kirche sei es wichtig, diese Schritte auf den Weg zu bringen, in der Hoffnung, dass sich Verhältnisse ändern können.

Am Ende der Podiumsdiskussion stimmten die anwesenden 500 Besucher:innen in der Messehalle für eine Resolution, die an die Bundesregierung geht. Danach soll den ärmsten Ländern des globalen Südens ihre Schulden erlassen werden. Die Resolution formulierte die Initiative "erlassjahr.de – Entwicklung braucht Entschuldung".