Bibliothek als Kriegsbeute

grosse Heidelberger Liedhandschrift (Codex Manesse)
© epd-bild/Kristina Schaefer/Kristina Schaefer
Zu den wertvollsten Schriften der "Bibliotheca Palatina" zählt der Codex Manesse, der um 1300 entstand.
"Bibliotheca Palatina" Heidelberg
Bibliothek als Kriegsbeute
Die Bibliotheca Palatina in Heidelberg war eine der bedeutendsten Büchersammlungen der Reformationszeit. Als Kriegsbeute wurde sie vor 400 Jahren in den Vatikan gebracht. An die Wegführung nach Rom erinnert ein Festakt.

Sie ist in Art und Umfang einmalig: Mit rund 3500 Handschriften und über 13.000 Drucken gilt die "Bibliotheca Palatina" als eine der wertvollsten Büchersammlungen des Mittelalters und der Frühen Neuzeit: Berühmt war sie auch für die sehr alten, prachtvoll illustrierten und wertvollen Bücher.

Die Ursprünge der "Pfälzischen Bibliothek", wie sie auf Deutsch heißt, reichen zurück bis ins Jahr 1386, als die Universität Heidelberg gegründet wurde.
Neben theologischen, philologischen, philosophischen und historischen Werken enthält sie auch medizinische, naturkundliche und astronomische Texte. Das Spektrum der Universitätsbibliothek reicht vom antiken Vergil über Hauptzeugnisse der karolingischen wie der makedonischen Renaissance bis zu äthiopischen Handschriften und chinesischen Drucken.

Der Bestand setzte sich aus der ehemaligen Schlossbibliothek, Beständen der Universität und der Kurfürsten zusammen. Zu den wertvollsten Schriften zählen etwa das Falkenbuch des Stauferkaisers Friedrich II., der Codex Manesse (Zürich, um 1300), der Sachsenspiegel, das Lorscher Evangeliar sowie fast 300 medizinische Handschriften.

Im Dreißigjährigen Krieg eroberte Feldherr Tilly 1622 die protestantische Kurpfalz. Die "Pfälzische Bibliothek" wurde 1623 geraubt und als Kriegsbeute der Bibliotheca Vaticana in Rom einverleibt. Mit einem Festakt in der Heidelberger Heiliggeistkirche wird an die Wegführung vor 400 Jahren erinnert.

Verbindung von Glaube und Wissenschaft

Dort wurde die größte und berühmteste Bibliothek des Abendlandes, die "Mutter aller Bibliotheken" einst aufbewahrt, sagte der evangelische Theologe Vincenzo Petracca dem Evangelischen Pressedienst. Dass die Empore der Kirche dabei als ein universitärer Studienraum diente, sei etwas Besonderes. Dies mache deutlich, wie wichtig die Verbindung von Glauben und Wissenschaft schon damals gewesen sei.

Schon kurz nach dem Raub gab es Restitutionsforderungen. Nach langen Verhandlungen wurden 1816 die 847 deutschsprachigen Handschriften sowie 29 griechische und 16 lateinische Codices an die Heidelberger Universität zurückgegeben, sagte der Direktor der Universitätsbibliothek, Veit Probst. Fast 3000 Schriften, die in Lateinisch, Griechisch und Hebräisch abgefasst wurden, befänden sich jedoch weiterhin im Vatikan.

Zwar werde immer mal wieder von einer Rückführung des römischen Bestandes nach Heidelberg gesprochen. Davon halte er jedoch nichts, erklärte Probst. So habe die Unibibliothek etwa nicht die nötigen Sicherheitsvoraussetzungen.
Mittlerweile kann man zumindest virtuell in dem Bücherschatz stöbern.

Zwischen 2001 und 2018 digitalisierte die Universitätsbibliothek Heidelberg nicht nur die deutschsprachigen Handschriften in ihrem Bestand, sondern auch die in Rom liegenden lateinischen Codices. Damit sind rund 3000 Handschriften öffentlich online zugänglich. Und das Interesse sei groß, sagte Probst. Die Internetseiten seien im vergangenen Jahr rund 3,3 Millionen Mal aus 183 Ländern aufgerufen worden.

Ein Festakt anlässlich des 400. Jahrestages der Wegführung der "Bibliotheca Palatina" beginnt am Freitag, 17.2, um 18 Uhr in der Heidelberger Heiliggeistkirche. Mit dabei sind die badische Landesbischöfin Heike Springhart, Oberbürgermeister Eckart Würzner und Veit Probst, Direktor der Universitätsbibliothek. Die Ausstellung "Bibliotheca Palatina - Wegführung und Rückkehr" in der Universitätsbibliothek Heidelberg (Plöck 107-109) ist bis 12. Mai täglich (außer an Feiertagen) von 9 bis 20 Uhr geöffnet.