Zuversichtsbrief Woche 36 - Liebe Seele, habe Ruh'!

Blick in die Kristallkugel
©Garidy Sanders/Unsplash
Zuversichtsbrief Woche 36 - Liebe Seele, habe Ruh'!
Sieben und mehr Wochen Zuversicht
Wer darauf wartet, dass alles gut wird, tut seiner Seele nichts Gutes. Frank Muchlinsky ermutigt im neuen "Zuversichtsbrief" dazu, Pläne aufzugeben.

Und er sagte ihnen ein Gleichnis und sprach: Es war ein reicher Mensch, dessen Land hatte gut getragen. Und er dachte bei sich selbst und sprach: Was soll ich tun? Ich habe nichts, wohin ich meine Früchte sammle. Und sprach: Das will ich tun: Ich will meine Scheunen abbrechen und größere bauen und will darin sammeln all mein Korn und meine Güter und will sagen zu meiner Seele: Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iss, trink und habe guten Mut! Aber Gott sprach zu ihm: Du Narr! Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern. Und wem wird dann gehören, was du bereitet hast? So geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott.

Lukas 12,16-21

Liebe Sehnsuchtsvolle,

wir leben wieder in kleineren Kreisen. Was der Sommer uns an Raum schenkte, wird wieder enger, die direkten Kontakte sind wieder genau gewählt. Beschränkungen nehmen zu und damit unser Wunsch nach Freiheit bei gleichzeitiger Sicherheit. Auf der Suche nach neuen Texten für meine Zuversichtsbriefe fiel mir ein, dass Jesus immer wieder dazu mahnt, diesem Wunsch nicht zu viel Raum zu geben. Sicherheit ist trügerisch, sagt er. Vor allem aber führt der Wunsch nach einem gesicherten Leben weg von dem, was wirklich wichtig ist. Am Anfang der vorösterlichen Fastenzeit hatten wir bereits einen solchen Text, in dem Jesus sagt: "Sorgt euch nicht!" Dabei scheint es in der Natur des Menschen zu liegen, wenigstens "vorzusorgen". Wer sich ausreichend absichert, braucht sich um die Zukunft keine Sorgen zu machen. Die Menschheit war immer schon erfinderisch, wenn es um Vorratshaltung ging. Keramik zur Lagerung, Salz zur Haltbarmachung, absichtliches Gären, Säuern, Kühlen, Vakuumieren, Dehydrieren – bestimmt habe ich anderes Wichtiges vergessen. All das sind Kulturleistungen, die es der Menschheit möglich machten, das zu bewahren, was sie erntete, damit es reicht, wenn das Angebot knapp wird. Und gegen diese lebensnotwendigen Errungenschaften scheint sich Jesus zu wenden – auch in der Geschichte für diese Woche.

Ein Mensch freut sich über eine besonders reiche Ernte und beschließt, neue Scheunen mit mehr Fassungsvermögen zu bauen, um alles aufbewahren zu können. Kaum hat er diesen völlig logischen Entschluss gefasst, eröffnet ihm Gott, dass er noch in dieser Nacht sterben wird. "Wem gehört dann, was du bereitet hast?", fragt Gott noch und nennt den armen Kornbauern einen Narren. Man könnte die Geschichte auch mit der Redensart beenden: "Das letzte Hemd hat keine Taschen", doch geht es meines Erachtens um mehr als um eine Warnung vor Habgier. In dem Gleichnis steckt ja noch ein kleines Selbstgespräch des Bauern, und darin steckt ein Schlüssel zum Verstehen. Der reiche Mensch fasst seinen Entschluss, eine größere Scheune zu bauen, und dann sagt er: "Ich will sagen zu meiner Seele: Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iss, trink und habe guten Mut!" Es ist diese falsche Sicherheit, die Gott anspricht, als er den Menschen einen Narren nennt. Der Kornbauer will einen enormen Aufwand betreiben, um seiner Seele Ruhe zu verschaffen. Dabei meint er, sein großer Vorrat an Korn wäre auch ein Vorrat für seine Seele, weil es so ein schön beruhigendes Gefühl ist, genügend zu haben.

Gott sagt zu dem Menschen auch nicht: "Diese Nacht wirst du sterben", sondern: "Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern." Der Kornbauer ist nicht nur sein Hab und Gut los, sondern auch noch seine Seele. Er hat sich vollkommen falsch um sie gekümmert. Der Mensch braucht nicht nur Vorratshaltung, er braucht auch richtige Seelenpflege. Oder, wie es schon im 5. Buch Mose heißt: "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von allem, was aus dem Mund des HERRN geht." (5. Mose 8,3) Vorratshaltung an sich ist nicht schlecht. Wer aber glaubt, erst mit extrem vollen Scheunen könne man der eigenen Seele Ruhe verschaffen, fügt seiner Seele Schaden zu. Schon die Verzögerung, die Verlagerung der Freude in die Zukunft, ist falsch. Richtig wäre gewesen, wenn der reiche Mensch angesichts seiner großen Ernte zu seiner Seele gesagt hätte: "Juble, meine Seele, denn Gott hat uns reich beschenkt!" Die liebe Seele braucht keine Ruhe, sie braucht Freude und Gesang. Sie funktioniert ganz anders als Vorratshaltung. Die Vorsorge sagt: Wenn ich erst einmal genug habe, wird es mir gut gehen. Die Seele sagt uns hier und heute, ob es uns gut geht. Wer versucht, mit Planen und Vorsorgen die eigene Seele ruhig zu machen, macht sie hier und heute unruhig.

In diesem Herbst wird das Planen wieder besonders schwierig, weil wir nicht wissen können, was morgen oder gar in einem Monat sein wird. Das ist schmerzlich, auch für unsere Seelen. Viele Tore öffnen sich, durch die Pessimismus und Sorgen einfallen können. Darum lautet meine Wochenaufgabe für Sie heute: Schauen Sie sich Ihre Pläne, Vorhaben und Wünsche für die nächste Zeit an und suchen Sie mindestens einen Plan, den Sie aufgeben. Lassen Sie ihn nicht ganz fallen, aber sagen Sie sich und Ihrer Seele: "Du kannst ruhig sein und schauen, was passiert. Und wenn es so weit ist, werde ich entscheiden, was ich tun werde. Ich werde es nicht planen, sondern ich werde dann tun, was geht." Seien Sie getrost dabei, Sie tun etwas Gutes: Sie sorgen für Ihre Seele.

Gott segnet Sie!

Ihr Frank Muchlinsky