Leise Töne und deutliche Worte

Portraitfoto Martin Heimbucher
© epd-bild / Jens Schulze
Martin Heimbucher bei seiner zum Kirchenpräsidenten im Jahr 2013.
Leise Töne und deutliche Worte
Reformierter Kirchenpräsident Martin Heimbucher feiert 65. Geburtstag
Streiten, ohne zu verletzen: Der reformierte Kirchenpräsident Martin Heimbucher mischt sich mit Rückgrat in gesellschaftliche Debatten ein. Und gilt auch vor diesem Hintergrund als kluger, umsichtiger und präzise argumentierender Theologe.

Laute Töne sind nicht sein Ding, dafür aber deutliche Worte. Wie gut beides zusammengehen kann, demonstriert der Kirchenpräsident der Evangelisch-reformierten Kirche, Martin Heimbucher, gerade in der Debatte um Corona-Leugner. "Die Wirklichkeit zu leugnen, widerspricht dem Glaubensbekenntnis", mahnt der leitende Theologe. Die Krise lehre, dass die Gesellschaft füreinander einstehen müsse. Am Dienstag (27. Oktober) feiert Heimbucher seinen 65. Geburtstag.

Seit sieben Jahren repräsentiert der gebürtige Regensburger, der in Kassel aufwuchs, die reformierte Kirche mit Sitz in Leer. Dabei hätte er den Posten damals fast ausgeschlagen: "Ich kann doch kein Plattdeutsch sprechen", sagte er, als er das erste Mal gefragt wurde, ob er für das höchste Amt in der reformierten Kirche kandidieren wolle. Erst beim zweiten Mal sagte er dann ja - und ist mittlerweile längst in seinem Amt angekommen und ein gesuchter Gesprächspartner in vielen kirchlichen und darüber hinaus auch in ethisch-gesellschaftlichen Fragen.

So gilt Heimbucher als Experte für den innerkirchlichen Dialog. Vor seiner Wahl 2013 war er sechs Jahre Theologischer Referent der Union Evangelischer Kirchen (UEK) im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Hannover. In Göttingen schrieb er seine Doktorarbeit über den Widerstandskämpfer und Theologen Dietrich Bonhoeffer. Erfahrungen in der Gemeinde sammelte er in Leopoldshöhe bei Bielefeld und in der evangelisch-reformierten Gemeinde Eddigehausen bei Göttingen.

Bei seiner Wahl zum Kirchenpräsidenten würdigte der damalige EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider seinen Kollegen Heimbucher als "klugen, umsichtigen und präzise argumentierenden Theologen". Heimbucher selbst hatte noch kurz vor seiner Wahl betont, wie wichtig der "Blick über den Tellerrand" der eigenen Gemeinde und der eigenen Landeskirche sei.

Ein Mann mit Rückgrat

Es ist wohl auch dieser Blick, der ihn immer wieder drängende Probleme ansprechen lässt, so etwa in der Diskussion um die Flüchtlingspolitik in Deutschland und Europa. Auch da tritt der Theologe nicht als Lautsprecher auf, dafür aber als Mann mit Rückgrat. So forderte er die Bundesregierung angesichts des Brandes im Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Lesbos jüngst auf, aktive Hilfe zu leisten. "Das seit Monaten hoffnungslos überfüllte Moria erfüllt schon lange nicht einmal humanitäre Mindeststandards. Wir müssen uns für unsere Hartherzigkeit schämen."

Auch der Einsatz für ein klimagerechtes Verhalten und Wirtschaften ist ihm wichtig. Die Haltung "Nach uns die Sintflut" sei gottlos", kritisiert der Kirchenpräsident, der die Klimabewegung "Fridays for Future" unterstützt. Notwendig sei eine Umkehr zu einem Leben mit Maß, meint der gebürtige Oberpfälzer, der Debatten gerne moderiert, aber auch zum respektvollen Streit ermutigt. Dazu gehöre, einander zuzuhören, ausreden zu lassen und auf Augenhöhe miteinander zu sprechen. Auf dieser Grundlage stieß er einen kircheninternen Zukunftsprozess an, mit dem die Zusammenarbeit zwischen den Kirchengemeinden gestärkt und die Arbeit mit Ehrenamtlichen intensiviert wurde.

Geistliche Geduld und kreative Unruhe

Als Heimbucher zum Kirchenpräsidenten gewählt wurde, wünschte sich der Ratsvorsitzende der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, Ralf Meister, von ihm Unterstützung, um die protestantische Stimme im Land zu stärken. Das hat der leitende Theologe aus Leer mit seinen Wortmeldungen längst eingelöst. Und hat dabei das gezeigt, was sich Meister darüber hinaus von ihm gewünscht hat: geistliche Geduld und kreative Unruhe.