Deutschland sucht seine digitale Zukunft - Medienkongresse in Berlin

Vorbereitungen für die Re:publica 2018
Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild//Britta Pedersen
Wie sieht die Zukunft deutscher Medien aus?
Deutschland sucht seine digitale Zukunft - Medienkongresse in Berlin
Wie sieht die Zukunft deutscher Medien aus? Experten und Verantwortliche diskutieren das auf zwei Kongressen. Im Fokus ist der nationale Markt. Die Öffentlich-Rechtlichen sehen die Politik in der Pflicht - um den Anschluss nicht zu verpassen.

Deutsche Medien setzen im Wettbewerb mit Konzernriesen wie Facebook, Amazon oder Netflix auf die eigenen nationalen Kompetenzen. Die Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg, Patricia Schlesinger, kritisierte am Mittwoch auf einer Podiumsdiskussion während der Kongresse Media Convention Berlin und re:publica den Streit über Sparmaßnahmen der Öffentlich-Rechtlichen und forderte eine auf Inhalte ausgerichtete Debatte. Vor einer Diskussion über Finanzen stellten sich die Fragen: Was müssten öffentlich-rechtliche Sender in der Zukunft liefern und wie sollten sie im Netz auftreten?

Die Öffentlich-Rechtlichen hätten einen Auftrag zu erfüllen. Und diesen Auftrag lege die Politik fest. "Wenn wir im Netz nicht machen, was wir machen sollen, sind wir auf einem absterbenden Ast", betonte Schlesinger. In dem Zusammenhang brauche Deutschland dringend einen neuen Telemedienauftrag. Die Länder, die in Deutschland für Medienpolitik zuständig sind, planen seit längerer Zeit, die Regeln für die Online-Auftritte der Öffentlich-Rechtlichen im Rundfunkstaatsvertrag zu reformieren. Dabei geht es zum Beispiel um die Verweildauer von Beiträgen in den Online-Mediatheken und um die Frage, wie viele Textinhalte die Öffentlich-Rechtlichen im Netz anbieten dürfen. Die Ministerpräsidenten hatten sich zuletzt bei ihrer Konferenz Anfang Februar mit der Neufassung beschäftigt, einen konkreten Beschluss aber erneut vertagt. Die Zeitungsverlage sind gegen mehr Online-Aktivitäten von ARD oder ZDF. Sie befürchten Wettbewerbsverzerrung.

Inhalte speziell für den deutschen Raum

In der Diskussionsrunde mit dem Titel: "Kritik und Reformen überall: Reboot des öffentlich-rechtlichen Systems?" äußerte sich auch die stellvertretende Generaldirektorin der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft SRG SRR, Ladina Heimgartner. Obwohl die Schweizer in einem Volksentscheid Anfang März deutlich für den Erhalt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gestimmt hatte, sehe sie die Aufgabe, das Vertrauen der Menschen in die Arbeit der Sender wieder herzustellen, sagte Heimgartner. Es sei versäumt worden, mit den Zuschauern in einen Dialog zu treten. Die Idee von öffentlich-rechtlichen Sendern aber überzeuge noch immer, betonte sie.

Wolfgang Elsäßer, verantwortlich für das TV- und Entertainmentgeschäft der Telekom, setzte indes auf Inhalte speziell für den deutschen Raum. Gleichzeitig könnten die eigenen Möglichkeiten erweitert werden, wenn man intelligente Partnerschaften mit internationalen Unternehmen eingehen. Als Beispiel nannte er die Erfolgsserie "Babylon Berlin" als Gemeinschaftsproduktion von ARD und Sky. In der Diskussion zu dem Thema "Konkurrieren mit Amazon und Netflix: Wo stehen die eigenen Angebote?" sagte Marcus Dimpfel, der die strategische Unternehmensentwicklung bei der Mediengruppe RTL leitet, dass die wesentliche Frage sei: "Wo können wir kämpfen und wo nicht." Dabei gehe es darum, in die eigenen Herausstellungsmerkmale zu investieren.

Der kirchliche Datenschutzbeauftragte Michael Jacob sprach sich anlässlich der Medienkongresse für mehr Reflexion des eigenen Handelns im Internet aus. In den vergangenen Jahren habe sich ein Bewusstsein breitgemacht, dass das Netz ein eigener Raum sei, sagte Jacob dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin. "Manchmal erscheint es mir, als wenn einige glauben, man stehe im virtuellen Raum jenseits von allem anderen. Aber man ist mittendrin", sagte der Beauftragte für den Datenschutz der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). "Man hat manchmal den Eindruck, dass bei einigen Menschen alle Tabus fallen", sagte er. Menschen seien bereit, in einer häufig ehrverletzenden Art und Weise andere anzugehen. Auf der anderen Seite seien Menschen bereit, "ihre persönlichsten, privatesten, sogar intimsten Sachen einer breiten Öffentlichkeit mitzuteilen".

Auf dem Kongress zu Gast war auch US-Whistleblowerin Chelsea Manning, die 2017 nach sieben Jahren Haft aus dem Gefängnis entlassen wurde. Manning war im Jahr 2013, damals noch unter dem Namen Bradley Manning, wegen der unautorisierten Weitergabe von Hunderttausenden Geheimdokumenten an die Internetplattform Wikileaks zu 35 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der ehemalige Präsident Barack Obama reduzierte die Strafe.