UN sehen in Syrien schlimmste Katastrophe seit Zweitem Weltkrieg

 Dieses Foto erhielt den zweiten Platz beim World Press Photo Wettbewerb. Das Foto von Abd Doumany fängt das ganze Leid in Syrien in einem einzelnen Bild ein: Es zeigt ein verwundetes syrisches Mädchen, das neben einem anderen verletzten Kind am 12.09.2016
Foto: dpa/Abd Doumany
Dieses Foto erhielt den zweiten Platz beim World Press Photo Wettbewerb. Das Foto von Abd Doumany fängt das ganze Leid in Syrien in einem einzelnen Bild ein: Es zeigt ein verwundetes syrisches Mädchen, das neben einem anderen verletzten Kind am 12.09.2016 in einem Behelfskrankenhaus in Douma (Syrien) weint. Sie wurde nach Berichten durch Luftangriffe der Regierung im Osten von Damaskus verletzt.
UN sehen in Syrien schlimmste Katastrophe seit Zweitem Weltkrieg
Schüsse, Folter, Bomben und immer neue Gräueltaten, von denen berichtet wird: das Leid der syrischen Bevölkerung ist unbeschreiblich. Die Vereinten Nationen und die Hilfswerke versuchen trotzdem mit einem dramatischen Appell zum sechsten Jahrestag des Kriegsbeginns in Syrien auf das Leid der Bevölkerung aufmerksam zu machen.

Der Konflikt sei die schlimmste von Menschen gemachte Katastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg, sagte der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Seid Ra'ad al-Hussein, am Dienstag in Genf. Die Bevölkerung müsse den reinsten Horror erdulden.

Der Regional-Koordinator für humanitäre Hilfe für Syrien, Kevin Kennedy, betonte, von den etwa 18 Millionen noch in dem Land lebenden Syrer seien mehr als 13 Millionen akut von auswärtiger Hilfe abhängig. Doch die UN und die anderen Hilfswerke könnten die Menschen wegen der anhaltenden Kämpfe und Blockaden nicht versorgen, obwohl Ende 2016 eine Feuerpause vereinbart worden war, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Die Not dieser Menschen ist unbeschreiblich." Insgesamt lebten 4,5 Millionen Menschen in abgeriegelten Orten oder kaum erreichbaren Gebieten. Etwa fünf Millionen Syrer sind außerhalb des Landes auf der Flucht.

Verhaftungen, Verschleppungen, Misshandlungen und Blutvergießen bestimmten den Alltag

Am 15. März 2011 begannen Demonstrationen gegen das Regime von Herrscher Baschar al-Assad. Aus den Protesten entwickelte sich ein Volksaufstand, der schließlich in einen Bürgerkrieg zwischen dem Regime, verschiedenen Rebellengruppen und Terrormilizen eskalierte. Hunderttausende Menschen wurden seitdem getötet, weite Teile des Landes liegen in Trümmern.

Der Menschenrechtskommissar erklärte, das Assad-Regime habe auf die Proteste vom 15. März 2011 mit einem Krieg gegen das eigene Volk reagiert. Diese Gewalt habe zu Extremismus geführt. Verhaftungen, Verschleppungen, Misshandlungen und Blutvergießen bestimmten den Alltag in dem Land. Syrien sei eine riesige Folterkammer geworden, sagte Seid. Zugleich verweigerten die Assad-Behörden internationalen Ermittlern die Einreise. Das ganze Ausmaß des Schreckens liege noch im Dunkeln, betonte der Jordanier und verlangte die Bestrafung der Täter.

"Schwerste Verletzungen des humanitären völkerrechts"

Amnesty International kritisierte, dass es der internationalen Gemeinschaft in sechs Jahren nicht gelungen sei, den fortwährenden massiven Menschenrechtsverletzungen ein Ende zu setzen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Angesichts der Blockadehaltung von Russland und China im UN-Sicherheitsrat, gelte es, diplomatische Bemühungen um eine internationale Gerichtsbarkeit für Syrien zu verstärken, forderte Generalsekretär Markus N. Beeko in Berlin. Entsprechende Mechanismen seien von der UN-Vollversammlung beschlossen worden.

Der deutsche Verband entwicklungspolitischer Organisationen Venro forderte die Staatengemeinschaft auf, den Druck auf die Kriegsparteien zu erhöhen. "Die Bombardierungen von Wohngebieten, Krankenhäusern und Schulen sind schwerste Verletzungen des humanitären Völkerrechts", erklärte der Vorstandsvorsitzende Bernd Bornhorst in Berlin. Die Helfer müssten endlich dauerhaft in die belagerten Gebiete gelassen werden, um Verletzte und Hungernde zu versorgen.

"Wir dürfen uns nicht an das Leid gewöhnen"

Die Welt dürfe den Krieg und das Leid der Zivilbevölkerung nicht als Normalzustand und unabänderliche Tatsache hinnehmen, sagte die Präsidentin der Welthungerhilfe, Barbara Dieckmann, in Bonn. "Wir dürfen uns nicht an das Leid gewöhnen." Die UN hätten immer noch zu wenig Geld für die Hilfsmaßnahmen in diesem Jahr. "Wir dürfen die Menschen in Syrien nicht aufgeben, auch wenn die komplexe politische und militärische Gemengelage im Land einen stabilen Friedensprozess schwierig macht."