Theologin: Nach Attentaten Vertrauen in die Menschen nicht verlieren

Foto: dpa/Timm Schamberger
Theologin: Nach Attentaten Vertrauen in die Menschen nicht verlieren
Gedenkgottesdienst zum Attentat in Ansbach: Die Regionalbischöfin Gisela Bornowski hat anlässlich der traurigen Ereignissen der vergangenen Tage davor gewarnt, dass das Vertrauen in die Menschen nicht aufgegeben werden dürfe. Die Unterstützung Geflüchteter stehe außer Frage.

Rund 250 Menschen haben am Donnerstagabend in einem Gottesdienst der Opfer des islamistisch motivierten Bombenanschlags in Ansbach gedacht. Die Ansbach-Würzburger Regionalbischöfin Gisela Bornowski rief in ihrer Predigt in der Kirche St. Gumbertus dazu auf, "sich nicht beherrschen zu lassen von Wut und Abscheu". Es gelte auch nach solchen tragischen Ereignissen, zuversichtlich zu bleiben und "das Vertrauen in Menschen nicht aufzugeben". Am vergangenen Sonntag hatte sich ein 27-jähriger Syrer in Ansbach vor einem Konzertgelände
in die Luft gesprengt. Er kam dabei ums Leben, 15 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt.

Bornowski: Generalverdacht ist unangebracht

Bornowski mahnte, die Gesellschaft dürfe auch nach so schrecklichen Ereignissen wie in Würzburg, München und Ansbach ihren "menschenfreundlichen, mitfühlenden Umgang, die Unterstützung für Geflüchtete und vor allem ihre Integration nicht infrage stellen". Ein Generalverdacht sei unangebracht. In Tagen des Schreckens dürfe es nur eines geben: "Dass wir Menschen bleiben, dass wir menschlich bleiben." Es nütze niemandem, sich von Rachegedanken beherrschen zu lassen. Dennoch brauche es nun "mehr Umsicht und Achtsamkeit" mit "wachen Sinnen für Stimmungen, Gefühlslagen und krankhaften Veränderungen bei den Menschen, die hierzulande Zuflucht suchen".

Für Betroffene und Angehörige sei es im Moment das Wichtigste, das Gespräch zu suchen bei einem Seelsorger oder auch bei einem Psychologen, sagte Bornowski. In den beiden Innenstadtkirchen bieten weiter Notfallseelsorger ihre Hilfe an.

Wie wichtig ihr Einsatz ist, zeigte sich an einer Gottesdienstbesucherin, die das Attentat miterlebt hat. Sie sei mit
ihren beiden Schwestern auf dem Konzert gewesen, erzählte sie. "Ich finde seitdem keine Ruhe und kann nicht mehr schlafen", sagte die Frau weinend. "Ich habe gedacht, der Gottesdienst bringt mir einen Abschluss, dass ich wieder Frieden finde. Ich bin so zornig, weil man sich gegen so etwas nicht wehren kann." Eine Notfallseelsorgerin
kümmerte sich im Anschluss um die schwer traumatisierte Frau.

Oberbürgermeisterin: Stück für Stück zum normalen Leben

In die Stadt ist mittlerweile wieder Ruhe eingekehrt - zwar sind noch viele Journalisten vor Ort, aber: "Die  Menschen lächeln inzwischen wieder und die Stadt ist relativ ruhig", sagte Oberbürgermeisterin Carda Seidel (parteilos). "Es geht Stück für Stück zum normalen Leben über. Und das finde ich in meiner Rolle sehr tröstlich und positiv." Am Tatort vor einem Weinlokal erinnern noch zwei Schilder an den Anschlag. Auf einem steht "Meinen Hass bekommt ihr nicht", auf dem anderen "Menschlichkeit nicht verdorren lassen". Daneben stehen viele Blumen und Kerzen.

Am Gedenkgottesdienst in der Ansbacher Innenstadtkirche nahmen neben Regionalbischöfin Bornowski unter anderem der Ansbacher Dekan und Vizepräsident der evangelischen Landessynode Hans Stiegler, mehrere evangelische und katholische Pfarrer sowie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) teil.

Der Attentäter hatte eine mit scharfen Metallteilen gespickte Rucksackbombe gezündet. Laut Ermittlern hatte das Attentat einen islamistischen Hintergrund - ebenso wie der Amoklauf mit einer Axt am Montagabend vor einer Woche in einem Regionalzug bei Würzburg. Dort hatte ein 17 Jahre alter Afghane mit einer Axt und einem Messer
etliche Menschen verletzt, fünf von ihnen schwer. Er wurde beim Versuch der Festnahme von Spezialeinsatzkräften getötet.