Ermittler gehen von politischen Motiven bei Axt-Attacke aus

Polizeipräsident Gerhard Kallert (l-r), Oberstaatsanwalt Christopher Rosenbusch, Leitender Oberstaatsanwalt Bardo Backert und Leitender Oberstaatsanwalt Erik Ohlenschlager bei einer Pressekonferenz in Würzburg.
Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand
Polizeipräsident Gerhard Kallert (l-r), Oberstaatsanwalt Christopher Rosenbusch, Leitender Oberstaatsanwalt Bardo Backert und Leitender Oberstaatsanwalt Erik Ohlenschlager bei einer Pressekonferenz in Würzburg.
Ermittler gehen von politischen Motiven bei Axt-Attacke aus
Die Ermittler haben nach der Axt-Attacke am Montagabend in einem Regionalzug bei Würzburg erste Motive für die Taten genannt. Dem leitenden Bamberger Oberstaatsanwalt Eric Ohlenschlager zufolge war die Tat "politisch motiviert".

Der 17-jährige tatverdächtige Flüchtling aus Afghanistan habe in Ochsenfurt den Regionalzug nach Würzburg mit dem Ziel bestiegen, sich an "den Ungläubigen dafür zu rächen, was sie ihm und seinen Glaubensbrüdern angetan haben", sagte Ohlenschlager am Dienstag. Dabei habe er drei Mal auf arabisch "Gott ist groß" gerufen, einmal sei dies auch auf dem um 21.13 Uhr in der Rettungsleitstelle aufgezeichneten Notruf zu hören.

Ohlenschlager sagte, man stehe noch am Anfang der Ermittlungen. Nach bisherigem Kenntnisstand habe der junge Mann vor etwa zwei Wochen davon erfahren, dass ein Bekannter in Afghanistan ums Leben gekommen sei. Womöglich sei dies ein Auslöser dafür gewesen, dass der 17-Jährige die Zuginsassen "völlig unvermittelt" mit einer Axt und einem Messer angegriffen und dabei mehrfach auf sie eingeschlagen und eingestochen habe. Die Angriffe seien "mit Vernichtungswillen" geführt worden. So habe der Tatverdächtige einem der Opfer zweimal mit der Axt mitten ins Gesicht geschlagen. Bei der Attacke seien fünf Personen schwer verletzt worden, zwei schwebten noch in Lebensgefahr.

Der Vater sollte für ihn beten

Die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg ermittle gegen den beim Festnahmeversuch erschossenen 17-Jährigen wegen versuchten Mordes in fünf Fällen und gefährlicher Körperverletzung. Der junge Mann war - nachdem Insassen den Zug per Notbremse im Stadtteil Würzburg-Heidingsfeld angehalten hatten - in Richtung Mainufer geflüchtet. Ein zufällig in der Nähe wegen eines anderen Einsatzes anwesendes Sondereinsatzkommando (SEK) versuchte, den Jugendlichen festzunehmen. Beide am Festnahmeversuch beteiligten Polizisten schildern nach Angaben der Ermittler übereinstimmend, dass der Täter in aggressiver Weise auf die Polizeibeamten zugehen wollte.

Kriminaldirektor Lothar Köhler vom bayerischen Landeskriminalamt berichtete am Dienstag davon, dass Ermittler im Zimmer des jungen Mannes bei seiner Pflegefamilie einen College-Block gefunden haben. Dort sei nicht nur eine Skizze der Fahne der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) gefunden worden, sondern auch verschiedene Texte in lateinischer und arabischer Schrift. Die Texte seien schwer verständlich, ein bereits übersetzter Text lege jedoch den Schluss nahe, dass die Tat islamistisch motiviert war. So schreibe der 17-Jährige darin, dass sein Vater für ihn beten soll, "dass ich mich an diesen Ungläubigen rächen kann" und er danach in den Himmel komme, sagte Köhler.



Der leitende Würzburger Oberstaatsanwalt Bardo Backert, der die Ermittlungen wegen des tödlichen Schusswaffengebrauchs der Polizei leitet, verwahrte sich mit scharfen Worten gegen in sozialen Netzen geäußerte Kritik an den Einsatzkräften. Er habe "kein Verständnis" für Aussagen von Politikern aus der Ferne. Die Grünen-Politikerin Renate Künast hatte in einem Tweet die Frage gestellt: "Wieso konnte der Angreifer nicht angriffsunfähig geschossen werden???? Fragen!" Auch der Bamberger Oberstaatsanwalt Ohlenschlager sagte, die Schüsse seien notwendig gewesen, eine Fortführung des Amoklaufs wäre inakzeptabel gewesen.

Die Ermittler gehen nach wie vor davon aus, dass der junge Mann als Einzeltäter gehandelt hat. Erkenntnisse, dass der junge Mann mit dem IS in Verbindung stand, gebe es nach wie vor nicht, erläuterte Ohlenschlager. IS-nahe Medien reklamieren den Amoklauf jedoch für die Terrororganisation.