"Keiner braucht sich vor Flüchtlingen zu fürchten"

Armin Rohde
Foto: dpa/Britta Pedersen
"Keiner braucht sich vor Flüchtlingen zu fürchten"
TV-Star Armin Rohde spricht über die Flüchtlingskrise, seine verstorbene Kollegin Maja Maranow, Morddrohungen und warum er als Kind Journalist werden wollte.

Menschenhandel, Flüchtlingselend und Polizisten am Rande des Nervenzusammenbruchs: Der neue Krimi von Kultregisseur Lars Becker greift brisante Themen auf. In "Nachtschicht – Der letzte Job" (1 Februar, 20.15 Uhr, ZDF) bekommen es Kommissar Bo Erichsen (Armin Rohde), Lisa Brenner (Barbara Auer) und die anderen Kollegen vom Kriminaldauerdienst (KDD) in Hamburg mit skrupellosen Schleusern zu tun, die auf offener Straße einen Streifenpolizisten erschießen, der sie und ihren Kleinbus kontrolliert hat. Die Spur führt in eine Flüchtlingsunterkunft und zu einer traumatisierten Syrerin, die in Deutschland an einen Mann verkauft werden soll. Die vor kurzem verstorbene Maja Maranow ist als Leiterin des Flüchtlingsheims in einer ihrer letzten Rollen zu sehen.

Herr Rohde, Ihr neuer "Nachtschicht"-Krimi spielt unter anderem in einer Flüchtlingsunterkunft. Was sagen Sie zur Flüchtlingskrise?

Armin Rohde: Das lässt sich auf die Schnelle nur schwer beantworten, weil das ein hochkomplexes Thema ist. Ich muss sowieso sagen, dass mir die schnellen Antworten Tag für Tag mehr auf den Wecker gehen. Mir geht manchmal die Parole "Wir schaffen das" auf den Wecker, aber noch mehr der Spruch "Deutschland geht unter". Beides sind Positionen, mit denen noch nichts geklärt ist. Da muss auf allen Seiten die Hysterie raus, da ist kühles und klares Nachdenken gefordert.

Glauben Sie denn, dass der Weg der Bundeskanzlerin, die eine Flüchtlings-Obergrenze ablehnt, der richtige ist?

Rohde: Ich glaube erst mal, dass Angela Merkel eine sehr vernünftige und kluge Frau ist. Ich glaube außerdem, dass sie sich und anderen nichts mehr beweisen muss, dafür ist sie schon zu lange an der Macht. Klar, ihr "Wir schaffen das" ist arg plakativ, aber heutzutage brauchst du eben Parolen und Bilder, um irgendwie zu den Leuten durchzudringen.

Glauben Sie denn auch, dass wir das schaffen?

Rohde: Ja, das glaube ich, schließlich ist Deutschland ein reiches Land. Allerdings reicht es allmählich nicht mehr, das nur zu sagen, sondern man muss auch erklären: Was genau muss getan werden, damit wir es schaffen. Da kommt zu wenig, und die bisher mehr als unzureichenden Antworten und Taten auf diese Fragen verursachen zunehmend eine Verunsicherung und Radikalisierung im politischen Spektrum, die selbst eine starke Demokratie schwer beschädigen könnten.

Können Sie denn auch die Menschen verstehen, die sagen: "Wir schaffen das nicht"?

Rohde: Ich glaube, die haben nicht richtig nachgedacht. Wir können ja nicht so tun, als wären die Flüchtlinge nicht da. Wir müssen mit ihnen umgehen, das ist nun mal Fakt. Es gibt keinen Grund, sich vor Flüchtlingen zu fürchten, auch keinen Grund für übertriebene Freude. Es ist einfach eine Realität, mit der mitmenschlich, verantwortlich und in rechtsstaatlich nüchterner Besonnenheit umgegangen werden sollte. Wir müssen klaren Kopf bewahren und schauen, was wir schrittweise tun können.

In den Tweets, die Sie täglich im Internet absetzen, nennen Sie sich stolz "Sohn eines Flüchtlings". Was genau ist damit gemeint?

Rohde: Mein Vater stammt aus Ostpreußen und musste vor gut 70 Jahren vor den Russen in den Westen fliehen. Als der damals nach Schleswig-Holstein kam, sind ihm die Leute auch erst mal mit Misstrauen begegnet, weil er ein merkwürdiges Deutsch gesprochen hat. Aber aus ihm ist was geworden, er wurde Bergarbeiter im Ruhrgebiet und Vater von vier Kindern, die alle prachtvoll im Leben stehen. Sein Beispiel beweist: Keiner braucht sich vor Flüchtlingen zu fürchten.

Wie reagiert die Netzgemeinde auf den "Sohn eines Flüchtlings"?

Rohde: Überwiegend positiv, ich habe allerdings auch schon Morddrohungen bekommen. Die bringe ich direkt zur Anzeige. Da verstehe ich keinen Spaß. Wenn jemand glaubt, mir mit Mord drohen zu müssen, dann bekommt der eine Anzeige, so einfach ist das.

Was begeistert Sie am Twittern?

Rohde: Einfach die direkte und unkomplizierte Art zu kommunizieren. Kommunikation ist ja überhaupt ein spannendes Thema, als Kind wollte ich schließlich Journalist werden. Meine frühen Berufswünsche waren Kriminalkommissar, Journalist und Simultandolmetscher (lacht). Als Schauspieler habe ich den Vorteil, dass ich das alles spielen kann, ohne dafür verantwortlich zu sein.  

Für welche Ressorts hätten Sie sich als Journalist denn interessiert?

Rohde: Kultur und Menschen, glaube ich. Menschen porträtieren, gucken, wie die so ticken, das wäre mein Ding gewesen. Das interessiert mich auch als Schauspieler am meisten, warum eine Figur tut, was sie tut.

Die Rolle des bärbeißigen Kommissars Erichsen in "Nachtschicht" spielen Sie ja schon lange. In der neuen Folge erweist er sich als wichtige moralische Stütze für seine Kollegin Lisa Brenner. Haben Sie auch so viel Beschützerinstinkt wie er?

Rohde: Ich sag einfach mal ja (lacht). Aber als ältestes von vier Geschwistern verfügen Sie naturgemäß über jede Menge Beschützerinstinkt, und das kriegen Sie auch so schnell nicht wieder raus. Wenn ich mitkriege, dass ein Schwächerer gemobbt wird, dann gehe ich dazwischen. Das hat nichts mit Mut zu tun, sondern ist eine ganz instinktive Reaktion von mir. 

Fliegt Ihnen schnell die Sicherung raus?

Rohde: Nicht schnell, aber wenn es passiert, dann wird es heftig. Es passiert zum Glück nicht oft, aber dann kann ich auf eine Art und Weise unangenehm werden, dass ich mir schon selber unangenehm bin. Hinterher denke ich mir dann: Gott, wäre ich doch cooler geblieben. Cooler wär viel cooler gewesen (lacht).

In der neuen "Nachtschicht" ist die vor kurzem verstorbene Maja Maranow als Leiterin der Flüchtlingsunterkunft zu sehen. Kannten Sie die Kollegin Maranow gut?

Rohde: Ich kannte sie ganz gut, wir haben vor etwa 20 Jahren das erste Mal miteinander gedreht und im Lauf der Zeit immer wieder mal zusammen gearbeitet. Sie war eine tolle Schauspielerin, man hatte  gerne mit ihr als Kollegin zu tun. Ich habe sie sehr gemocht und es war ein echter Schock, als ich von ihrem Tod erfahren habe.