Studie: Freie Schulwahl verstärkt soziale Trennung

Studie: Freie Schulwahl verstärkt soziale Trennung
Experten mahnen mehr Unterstützung für benachteiligte Schulen an
Eine freie Wahl der Grundschule verschärft laut einer Studie die soziale Trennung. In Schulen an sozialen Brennpunkten bleiben benachteiligte Kinder zunehmend unter sich.

Können Eltern die Grundschulen für ihre Kinder wählen, bleiben benachteiligte Schüler einer Studie zufolge oft zurück. Gilt die ursprünglich zuständige Grundschule als sozial benachteiligt, meldeten sozial besser gestellte Eltern ihre Kinder oftmals an anderen Schulen an, erklärte die Bertelsmann Stiftung am Samstag in Gütersloh. Eltern mit niedrigem Bildungsstatus und mit Migrationshintergrund wählten hingegen häufig die nahe gelegene Grundschule.

Vor allem Eltern mit mittlerem Sozialstatus nutzen Wahlmöglichkeit

Bislang ist die freie Schulwahl nach Angaben der Stiftung nur im Bundesland Nordrhein-Westfalen flächendeckend möglich. Für die Stiftung wertete die Ruhr-Universität Bochum Daten von rund 4.000 Schüler im nordrhein-westfälischen Mülheim aus den Jahren 2008 bis 2012 aus.

Eltern von Zuwandererfamilien oder niedriger Bildung seien weniger mobil und blieben daher häufig in ihren Wohnbezirken, heißt es in der Studie. Am häufigsten wählten Eltern mit mittlerem Sozialstatus für ihre Kinder eine andere Schule. Eltern mit hohem Sozialstatus machten von der Wahlmöglichkeit seltener Gebrauch. Diese wohnten häufig in einer besser gestellten Umgebung.

Eine Rückkehr zu verbindlichen Grundschulbezirken würde nach Einschätzung der Autoren der Studie das Problem der Trennung in den Schulen etwas mildern. Die Rücknahme der stark gefragten Wahlmöglichkeit wäre jedoch mit einem hohen Preis verbunden.

Forderung: benachteiligte Schulen besser ausstatten

Stattdessen plädieren die Autoren der Studie dafür, die soziale Struktur der Schulen landesweit transparent zu machen. Damit könnten schulpolitische Weichen gestellt werden. Über einen Sozialindex könnten benachteiligte Schulen besser mit überzeugenden pädagogischen Konzepten, entsprechenden Ressourcen und guten Lehrern ausgestattet werden.

Schulen in sozialen Brennpunkten benötigten mehr Lehrkräfte, einen verbindlichen Ganztagsausbau und die fachliche Unterstützung bei den Herausforderungen der Inklusion und Migration in den Schulen, erklärte der Vorstand der Bertelsmann Stiftung, Brigitte Mohn. Nötig seien Investitionen in Gebäude, Ausstattung und Personal der Grundschulen. Denn besonders unterprivilegierte Schüler seien auf ein gut ausgestattetes Schulumfeld angewiesen.

Das Mitspracherecht der Eltern bei der Schulwahl ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt. Auch in Hamburg können Eltern die Grundschule für ihre Kinder auswählen. In vielen Bundesländern gibt es feste Schulbezirke, bei denen je nach Wohnsitz der Besuch einer bestimmten Regelschule verpflichtend ist.