Liebe Mutter, fühl dich einfach wie eine Norwegerin

Liebe Mutter, fühl dich einfach wie eine Norwegerin
Am Sonntag macht die Blumenindustrie wieder gute Geschäfte, zur Freude der Mütter, die am Muttertag mit Dank und Sträußen bedacht werden. Wo aber geht es Müttern am besten, wo weniger? Eine persönliche Betrachtung aus gegebenem Anlass.
07.05.2010
Von Bernd Buchner

Schade, dass meine Mutter keine Norwegerin ist. Dann ginge es ihr nämlich richtig gut. In Norwegen geht es Müttern am besten. Weltweit. Das besagt zumindest der "Bericht zur Lage der Mütter der Welt", den die Kinderrechtsorganisation "Save the Children" anlässlich des Muttertages veröffentlicht hat. 160 Länder wurden verglichen. Was genau verglichen wurde, ging aus dem Bericht zwar nicht so klar hervor. Vermutlich aber Lebenserwartung, staatliche und gesellschaftliche Hilfen für Mütter, Zahl der Geburtshelferinnen, Betreuungsplätze für Kinder und so weiter.

Norwegen hat es gut. Es ist ein reiches Land, hat viel Öl und ist kein Mitglied der EU. Das ist jetzt besonders vorteilhaft. Und dann noch glückliche Mütter. Ich kenne kaum norwegische Mütter, schon gar nicht persönlich. Die Frau des Königs, und dann natürlich Mette-Marit. Auf dem Foto (siehe unten) jedenfalls sieht sie ziemlich glücklich aus. Die einzige Frau, die ich in Norwegen wirklich kenne, ist die Schwägerin meiner Frau. Aber sie ist keine Norwegerin, sondern Deutsche, auch wenn sie schon ziemlich lange in Norwegen lebt. So weit ich weiß, geht es ihr ganz gut. Obwohl sie ganz im Norden wohnt, in Tromsö. Da ist es selbst im Sommer verdammt kalt. Trotz Klimawandels.

Die nächste Klinik meilenweit weg

Am Schluss des internationalen Mütterrankings liegt übrigens Afghanistan. Das wundert mich nicht, denn dort ist Krieg und nichts gut. Jede halbe Stunde stirbt dort eine Frau während der Schwangerschaft oder der Geburt, sagt "Save the Children". Nur bei jeder siebten Geburt sind ausgebildete Hebammen oder Ärzte dabei. Außerdem ist die nächste Klinik oft meilenweit weg und die Behandlung ohnehin zu teuer. Wie wichtig Hilfsprojekte sind, verdeutlicht das Beispiel Bangladesh, eines der ärmsten Länder der Welt. Dort ist die Kindersterblichkeit seit 1990 um fast zwei Drittel gesunken.

Deutschland belegt auf der Liste gerade mal den zehnten Platz. Die Kindersterblichkeit ist hier zwar viel geringer als in Entwicklungsländern, doch neulich schafften es die Hebammen in alle wichtigen Nachrichtensendungen, weil ihre Arbeitsbedingungen ziemlich schlecht sind. Man stelle sich mal vor, die Hebammen würden streiken und es würden keine Kinder mehr zur Welt kommen. Dann gäbe es später niemand, der den Müttern am Muttertag Blumen kauft. Harald Schmidt hat neulich ja allen Ernstes vorgeschlagen, Mutter- und Vatertag zu tauschen: Dann könnten die Mütter einen trinken gehen und die Väter die Blumen bekommen.

Sie sind einfach einzigartig

Die Blumenindustrie soll ja sowieso die Erfinderin des Muttertags sein. Die Nazis waren es jedenfalls nicht, obwohl das immer wieder behauptet wird. Angefangen haben damit die Amerikaner, 1925 gab es den ersten Muttertag in Deutschland. Da waren die Nazis zwar schon da, aber noch nicht an der Macht. Es herrschte Demokratie, leider keine sehr stabile. Aber der Muttertag hat die Weimarer Republik überlebt. Ist ja auch eine gute Einrichtung. Obwohl man den Müttern eigentlich jeden Sonntag, oder besser überhaupt jeden Tag sagen sollte, dass sie wunderbar sind. Einzigartig. Die Größten und Besten.

In der kirchlichen Jugend kannte ich ein Mädchen, das das nicht immer so gesehen hat. Ihre Mutter sagte mal zu ihr: Du kannst jederzeit zu mir kommen, wenn du ein Problem hast. Antwort: Das einzige Problem, das ich habe, bist du. Das war schon ziemlich gemein. Aber wahrscheinlich ehrlich. Bei meiner eigenen Mutter war es eher so, dass ich das Problem war. Als Sohn bin ich eine ziemliche Niete. Sie hatte es nicht leicht mit mir. Und wenn ich am Muttertag zu Hause bin, dann auch nur, weil mein Neffe an diesem Sonntag seine Erstkommunion feiert. Markustag statt Muttertag. Ich werde meine Mutter trotzdem hochleben lassen, Besserung geloben und ihr sagen: Fühl dich einfach wie eine Norwegerin.


Bernd Buchner ist Redakteur bei evangelisch.de mit Zuständigkeit für Politik und Religion. Er ist stolzer Sohn einer wunderbaren Mutter, der er regelmäßig zu erklären versucht, was die Vorteile des Internet sind und was er bei einem Online-Medium eigentlich macht.