Kritik an Pariser Krisentreffen zu Nigeria ohne Afrikanische Union

Kritik an Pariser Krisentreffen zu Nigeria ohne Afrikanische Union
Der Afrika-Experte Robert Kappel kritisiert, dass bei dem Pariser Krisentreffen über die Lage in Nigeria wichtige Teilnehmer wie die Afrikanische Union fehlen. Er bezweifle, dass dort die richtigen Partner am Tisch säßen, sagte der frühere Präsident des Hamburger GIGA-Instituts für Afrika-Studien am Samstag im Deutschlandradio Kultur.

Zwar sei es gut, dass der französische Präsident Francois Hollande diese Initiative ergriffen habe, aber es seien ja nicht nur Nigerias Nachbarländer Kamerun und Benin betroffen, sondern auch andere afrikanische Staaten wie Senegal, Mauretanien, Tschad oder Niger.

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"Eigentlich bräuchte es eine afrikanische Initiative", sagte Kappel. Die Gipfelteilnehmer in Paris würden sich vermutlich abstimmen, wie man vorgehen könne. Die US-Regierung habe bereits 30 Militärberater nach Nigeria geschickt, aber das werde nicht ausreichen. "Wie sollen 30 amerikanische Geheimdienstleute Boko Haram finden", sagte er. Diese Organisation sei in Nigeria nicht einfach greifbar, da sie dezentral aufgestellt sei und in vielen Städten agiere.

Kappel sagte, es sei "eine ganz große Niederlage", dass der Westen und die afrikanischen Staaten so spät und falsch reagierten. Es sei 2009 bereits versucht worden, die Boko Haram zu zerschlagen und man habe deren Führer erschossen. "Aber Boko Haram ist seither viel stärker geworden", kritisierte der Wissenschaftler. Man habe nichts getan, um mit der Organisation ins Gespräch zu kommen. Die nigerianische Regierung habe vor allem auf "Hauruck-Aktionen" mit Militär- und Polizeieinsätzen gesetzt.

Kappe für "europäisches Konzept"

Kappe sprach sich für ein "europäisches Konzept" aus, mit den afrikanischen Staaten und der AU abgestimmt werden müsse. "Deutschland müsste eigentlich eine pro-aktivere europäische Politik gegenüber dem Sahel, gegenüber Nigeria verfolgen", forderte der Experte. Bislang spiele Deutschland aber in der Region keine Rolle. Frankreich sei dort die dominante Macht, habe aber zu wenig für die wirtschaftliche Entwicklung getan. Die Menschen hätten ein Einkommen, das immer noch auf dem Niveau von 1960 liege, und keinerlei Perspektive.

Einen Monat nach der Entführung von mehr als 200 Mädchen Nigeria wollten westliche und afrikanische Staatchefs in Paris über eine gemeinsame Strategie gegen die islamistische Terrorgruppe Boko Haram beraten. Um die Befreiung der Schülerinnen zu erreichen, soll zunächst die Arbeit der westlichen Geheimdienste vor Ort besser koordiniert werden.

Mittelfristig geht es um eine regionale Strategie zur Bekämpfung der Terrorgruppe Boko Haram, die nach französischen Angaben seit 2009 etwa 3.000 Menschen getötet hat. Boko Haram heißt übersetzt in etwa "Westliche Bildung ist Sünde"; die Terrorgruppe ist 2002 im muslimisch geprägten Norden Nigerias entstanden und kämpft für einen islamistischen Staat.