Afghanistan wird für Entwicklungshelfer immer gefährlicher

Afghanistan wird für Entwicklungshelfer immer gefährlicher
Vor dem geplanten Abzug der NATO-Kampftruppen aus Afghanistan wächst die Bedrohung für Entwicklungshelfer am Hindukusch. Der Afghanistan-Experte Thomas Ruttig sagte am Mittwoch im DeutschlandRadio Kultur, die Sicherheitslage für Hilfsorganisationen habe sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich verschlechtert.

2013 seien bereits 36 Helfer getötet worden, die meisten von ihnen Afghanen. Die Zahl der Übergriffe sei damit so hoch wie nie zuvor, betonte der Co-Direktor des unabhängigen Afghanistan Analysts Network. Die Vereinten Nationen haben 2013 bislang 237 Übergriffe auf humanitäre Helfer in Afghanistan registriert. Darunter sind neben den 36 Morden auch 72 Entführungen.

Gefahr für Regierungsorganisationen

Nach dem Abzug der internationalen Streitkräfte Ende 2014 wird es laut Ruttig vor allem für Regierungsorganisationen schwierig und gefährlich, da sie bislang einen gewissen Schutz durch die internationale Militärpräsenz bekommen hätten. Er nannte dabei die Vereinten Nationen und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).

###mehr-artikel###Aber auch für regierungsunabhängige Organisationen könnte die Lage Ruttig zufolge problematischer werden. Diese Hilfswerke hätten zwar zum Teil militärischen Schutz abgelehnt. Aber niemand könne sich darauf verlassen, dass die radikal-islamischen Taliban Unterschiede machten. Das Misstrauen der Extremisten sei ohnehin groß, da "zum Beispiel Spezialkräfte unter NATO-Mitgliedsländern zum Teil unter dem Deckmantel von Hilfsorganisationen operiert haben oder bestimmte Zeichen von Hilfsorganisationen missbraucht haben".

Situation könnte sich auch entspannen

Ruttig schloss aber nicht aus, dass sich die Situation nach dem endgültigen Abzug des ausländischen Militärs auch entspannen könnte. Viele der regierungsunabhängigen Organisationen arbeiteten schon seit Jahrzehnten in Afghanistan und hätten gute Beziehungen zur Zivilbevölkerung, die die Taliban von den guten Absichten der Helfer überzeugen könnten. Aber es gebe auch die berechtigte Befürchtung, dass die Afghanen durch den Abzug des Militärs "zu früh mit ihren Problemen allein gelassen werden".

Erst Ende November waren drei afghanische Mitarbeiter eines Dorfentwicklungsprojekts in der zentralafghanischen Provinz Urusganz durch einen ferngesteuerten Sprengsatz getötet worden. Bei einem weiteren Angriff in der Nordprovinz Faryab erschossen mutmaßliche Taliban sechs afghanische Mitarbeiter einer französischen Hilfsorganisation. Ein siebter wurde schwer verletzt.