Gauck wirbt für Toleranz im Konflikt um islamische Theologie

Foto: dpa/Caroline Seidel
Gauck wirbt für Toleranz im Konflikt um islamische Theologie
In der kontroversen Debatte über das Zentrum für islamische Theologie in Münster hat sich Bundespräsident Joachim Gauck für mehr Toleranz ausgesprochen.

Bei dem Thema solle man nicht in Hysterie verfallen, sagte Gauck am Donnerstag bei seinem Besuch des Zentrums der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Nötig sei eine "entschlossene Ruhe". Islamische Funktionäre werfen dem Institutsleiter Mouhanad Khorchide vor, mit einem liberalen Verständnis Grundzügen des Islam zu widersprechen.

"Weniger Hochmut und Ungeduld"

In den universitären Ausbildungszentren in Deutschland könne die pluralistische Tradition des Islam ohne politischen oder fundamentalistischen Druck fortgesetzt werden, sagte Gauck: "Wir geben der Religion Raum, so wie es echte Religionsfreiheit erfordert."

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Natürlich gebe es dabei auch Konflikte, das gehöre zu einer pluralistischen Gesellschaft, betonte der Bundespräsident. Diese Auseinandersetzungen seien erwünscht, auch wenn sie manchmal störend erscheinen. "Ohne Auseinandersetzung gibt es keine wirkliche Entwicklung und alles was lebt entwickelt sich", ergänzte Gauck.

Religionsfreiheit, die heute selbstverständlich erscheine, sei mühsam errungen worden. Daher sei weniger Hochmut und Ungeduld gegenüber den gegenwärtigen Problemen angebracht. "Ich glaube, dass wir als Unterschiedliche gut zusammenleben können, wenn wir uns nicht von Ängsten oder von Ressentiments leiten lassen, sondern von Respekt, Toleranz und Neugier", unterstrich Gauck.

Das Staatsoberhaupt erinnerte daran, dass es in deutschen Städten mehr als 2.000 Gebetshäuser und Moscheen gebe. Die deutsche Gesellschaft wandele sich, weil ihr immer mehr Muslime angehören. Der Islam entwickele sich zudem im Kontakt mit der Gesellschaft.  entwickele. "Das birgt Zumutungen für beide Seiten - das gehört dazu", fügte Gauck hinzu.

Zum Auftakt seines Besuches in Münster war Gauck mit Vertretern des Zentrums für islamische Theologie und der Westfälischen Wilhelms-Universität zusammengekommen. Das Programm stand unter dem Motto "Islam in Wissenschaft und Bildung".

Zentralrat der Muslime bekräftigt Kritik

"Unsere Studierenden kommen mit viel Neugier, sie wollen ihre Religion verstehen, sie wollen die Sachen nicht einfach so hinnehmen", sagte Institutsleiter Khorchide in einer Podiumsdiskussion, der Gauck beiwohnte. Die Islamverbände kritisieren Äußerungen Khorchides, die Muslime müssten sich von Vorschriften und Tabus frei machen, die nicht religiös begründet seien, sondern auf gesellschaftlichen Traditionen beruhten.

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, bekräftigte unterdessen seine Kritik. Äußerungen Khorchides ließen befürchten, dass der Wissenschaftler die mit den Islamverbänden auf der Basis des Grundgesetzes ausgemachten Spielregeln bei der Vermittlung des Islam ignoriere. Zugleich verurteilte Mazyek die angekündigten Proteste von Salafisten gegen Korchide. Einen Menschen zum Ungläubigen zu erklären, sei Populismus und höchst gefährlich.

Das im vergangenen Jahr eröffnete Zentrum für islamische Theologie am Doppelstandort Münster/Osnabrück bildet islamisch-theologische Nachwuchswissenschaftler sowie Religionslehrer und Imame aus. Neben dem Zentrum Münster/Osnabrück gibt es weitere Studienzentren für die Ausbildung von islamischen Religionslehrern und Imamen in Tübingen, Frankfurt/Gießen und Erlangen/Nürnberg.