Schweiz: Angeklagter gambischer Ex-Minister sagt in Prozess aus

Schweiz: Angeklagter gambischer Ex-Minister sagt in Prozess aus

Genf, Bellinzona (epd). Der Strafprozess gegen den „Folterkommandanten von Gambia“, Ousman Sonko, ist in der Schweiz mit Aussagen des Beschuldigten fortgesetzt worden. Der frühere Polizeichef und Innenminister des westafrikanischen Staates muss sich vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit während der Diktatur von Machthaber Yahya Jammee (1994-2017) verantworten. Der 55-Jährige habe sich für unschuldig erklärt und bestreite die Zuständigkeit des Gerichts, sagte eine Sprecherin der Behörde am Montag dem epd. Wann das Urteil falle, sei noch nicht vorherzusagen.

Das Gericht hat Verhandlungen bis Ende Januar plus Reservedaten angesetzt. Der Prozess wird nach dem Weltrechtsprinzip geführt, wonach die strafrechtliche Verfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und anderer schwerwiegender Straftaten auch dann möglich ist, wenn sie außerhalb des Landes, in dem der Prozess stattfindet, verübt worden sind.

Seit Beginn des Prozesses vor einer Woche haben Zeugen den Beschuldigten schwer belastet und ihm Mord und sexuelle Gewalt vorgeworfen. Die Schweizer Bundesanwaltschaft legt Sonko eine ganze Reihe von schwerwiegenden Verbrechen zur Last. Er soll sie von 2000 bis 2016 in Gambia alleine und zusammen mit einem Täterkollektiv bestehend aus dem damaligen Diktator Jammeh und Führungsmitgliedern von Sicherheitskräften und Gefängnisdiensten begangen haben. Im Rahmen „eines ausgedehnten und systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung von Gambia“ soll Sonko Menschen „vorsätzlich getötet, gefoltert, vergewaltigt und ihnen in schwerwiegender Weise die Freiheit unrechtmäßig entzogen haben“.

Die Nichtregierungsorganisation Trial International bezeichnet den Prozess gegen Sonko als historisch. Noch nie sei einem derart hohen Regierungsbeamten gemäß Weltrechtsprinzip in Europa der Prozess gemacht worden. 2016 setzte sich Sonko nach Europa ab und gelangte über Umwege in die Schweiz. Dort lebte er unbehelligt in einer Flüchtlingsunterkunft, bis Trial International Anzeige gegen ihn erstattete. Im Januar 2017 wurde er festgenommen und ist seitdem in Untersuchungshaft.