"Alle Weicheier im Vergleich zu Johnny Cash"

Johnny Cash
© epd-bild/Keystone
Neben seinen Songs sorgte der US-amerikanische Countrystar Johnny Cash mit seinem wilden, exzessiven Leben, seiner Sucht und seinem Einsatz für die am Rande der Gesellschaft stehenden Menschen immer wieder für Aufsehen.
Vor 20 Jahren starb der Popstar
"Alle Weicheier im Vergleich zu Johnny Cash"
Für die Countrymusik war Johnny Cash so prägend wie Elvis Presley für den Rock 'n' Roll. Er schaffte es, den Country mit seinem Einsatz für Außenseiter zu verbinden. Geprägt war er von der Gospelmusik und einer tiefen Frömmigkeit.

Auch 20 Jahre nach seinem Tod ist er noch auf der Bühne präsent - wenn auch nur per Video-Leinwand: Ab Oktober sollen bei der USA-Tour "Johnny Cash - The Official Concert Experience" Aufnahmen früherer Cash-Auftritte zugespielt werden, während eine Band seine Songs präsentiert. Johnny Cash (1932-2003), der Hits wie "I Walk the Line" oder "Folsom Prison Blues" schrieb, wurde weit über den Kreis des Country-Publikums hinaus verehrt. Er starb vor 20 Jahren, am 12. September 2003, mit 71 Jahren in Nashville, Tennessee.

Am Ende seines Lebens litt er an einer schweren Nervenkrankheit, war auf den Rollstuhl angewiesen und halb blind. Aber Songs nahm er immer noch auf. Seine letzten entstanden in der "Cash Cabin" auf seinem Anwesen in Hendersonville im US-Bundesstaat Tennessee. In dem Song "Ain't no Grave (Gonna Hold this Body Down)" singt er, kein Grab könne seinen Körper unten behalten: "Wenn ich den Klang der Trompete höre, werde ich vom Erdboden auffahren", singt der tief gläubige Sänger mit brüchiger Stimme.

"Johnny war und ist der Polarstern, du konntest deinen Kurs nach ihm ausrichten", schrieb Bob Dylan zum Tod seines Freundes Cash. Und U2-Frontmann Bono erklärte: "Wir sind alle Weicheier im Vergleich zu Johnny Cash." Cash wurde mit 13 Grammys ausgezeichnet und sowohl in die "Country Music Hall of Fame" (1980) als auch in die "Rock and Roll Hall of Fame" (1992) aufgenommen.

Der christliche Country Sänger war "nicht durchgehend fromm und brav", ließ sich aber zum freikirchlicher Pfarrer ausbilden.

"Hello, I'm Johnny Cash", so begrüßte der Musiker die Fans mit seiner unverwechselbar tiefen Stimme. Auf der Bühne trug er oft Schwarz, was er in "Man in Black" (1971) zum Programm erhob: Schwarz trage er für die Armen, die Hunger, aber keine Hoffnung mehr hätten, für die Gefangenen, die für ihre Verbrechen längst gebüßt hätten. Seine besten Live-Alben sind denn auch die Konzertmitschnitte aus den berüchtigten Strafanstalten Folsom (1968) und San Quentin (1969).

"Badass" und bibeltreuer Christ

Cash schaffte es, Konservative auf dem Lande ebenso zu begeistern wie junge Menschen, die gegen den Vietnam-Krieg protestierten. Der Musiker solidarisierte sich mit Not leidenden Farmern und engagierte sich für die indigenen Völker der USA. Und er trat auf großen Missionsveranstaltungen ("Crusades") des US-Predigers Billy Graham auf, mit dem er befreundet war. Bei alledem vermittelte er Bodenständigkeit und Glaubwürdigkeit.

Cash sei gleichzeitig ein "Badass" (Draufgänger) und bibeltreuer Christ gewesen, sagt der Autor einer neuen Cash-Biografie, der Journalist Matthias Huff, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Musiker sei "nicht durchgehend fromm und brav" gewesen. Der christliche Teil seines Werks sei ihm jedoch nachweislich sehr wichtig gewesen. Zu eines von Cashs größten Projekte zählt Huff den selbst produzierten Jesus-Kinofilm "Gospel Road" (1973). Der Musiker habe sich sogar zum freikirchlicher Pfarrer ausbilden lassen.

"Bei Cash gab es einen mitfühlenden Konservativismus auf christlicher Grundlage und zugleich die Parteinahme für Menschen, denen Ungerechtigkeit oder Unterdrückung widerfährt", wie der Rektor der Essener Folkwang Universität der Künste, Andreas Jacob, dem epd sagte. Die "Faszination Cash" rührt auch daher, dass er wusste, wovon er sang: Hunger und Armut hatte er am eigenen Leib erlebt.

Feldarbeit und Gospelmusik prägten Cash

Am 26. Februar 1932 kam J. R. Cash als Sohn eines Farmers zur Welt. Er wuchs in der Zeit der wirtschaftlichen Depression der USA in Dyess/Arkansas auf, wo seine Geschwister und er schon früh auf den Baumwollfeldern des Vaters arbeiten mussten. Den Tod seines zwei Jahre älteren Lieblingsbruders Jack, der mit 14 Jahren bei einem Unfall an einer Kreissäge starb, hat er nie verwunden.

Musikalisch geprägt haben ihn die Gospels, die seine Mutter während der Feldarbeit sang, und die Country-Musik aus dem Radio. Seine ersten Erfolge "Folsom Prison Blues" und "Walk The Line" nahm er ab Mitte der 50er Jahre im legendären "Sun"-Studio in Memphis auf, in dem auch Elvis seine Karriere gestartet hatte. Von dieser Zeit an konnte Cash - der nach der Militärzeit erfolglos versucht hatte, sich als Vertreter von Küchengeräten durchzuschlagen - sich ganz der Musik widmen.

Ab Ende der 60er Jahre genoss Cash dann das Leben eines Superstars. Auf der Kinoleinwand war er mit Stars wie Kirk Douglas ("Rivalen des Todes", 1971) oder in populären TV-Serien wie "Columbo" zu sehen. In seiner TV-Show, die von 1969 bis 1971 am Samstagabend aus Nashville übertragen wurde, sang er zusammen mit Bob Dylan, Eric Clapton, Stevie Wonder und Louis Armstrong.
Lange Jahre allerdings war Cash abhängig von Medikamenten und Aufputschmitteln. Erst in der Ehe mit seiner zweiten Frau und Musikerkollegin June Carter und mit der Geburt des gemeinsamen Sohnes soll er sich von Tabletten und dem exzessiven Trinken abgewendet haben. June sei "sein Fels in der Brandung", sagte Cash einmal.

In seinen letzten Jahren erlebte Cash dann noch einmal ein beispielloses Comeback: Unter der Regie des Hip-Hop-Produzenten Rick Rubin interpretierte er neben Country- und Gospelstücken auch aktuelle Rock- und Punksongs - und wurde so auch bei der jungen MTV-Generation Kult.
Er habe einen großen unerschütterlichen Glauben, sagte Cash in einem seiner letzten Interviews vor seinem Tod über sich. Am Ende sei er mit sich im Reinen gewesen, erklärte Biograf Huff. Cash starb am 12. September 2003, vier Monate nach seiner Frau June.