Ukrainisches Getreide soll trotz EU-Streit globalen Süden erreichen

Ukrainisches Getreide soll trotz EU-Streit globalen Süden erreichen
Über das Ziel sind sich in der Europäischen Union alle einig: Ukrainisches Getreide soll den globalen Süden erreichen. Aber manche EU-Staaten fürchten den erneuten Preisverfall für die heimische Landwirtschaft.

Brüssel (epd). Ein vorübergehendes Importverbot für Getreide aus der Ukraine in deren Nachbarstaaten Polen, Bulgarien, Ungarn, Rumänien und die Slowakei wird zunächst nicht über den 15. September hinaus verlängert, wie es die fünf Staaten verlangt hatten. Das teilte der zuständige EU-Kommissar Janusz Wojciechowski im Anschluss an ein Treffen der EU-Landwirtschaftsminister am Dienstag in Brüssel mit. „Ich bin aber überzeugt, dass wir die Lage im September neu bewerten müssen“, ergänzte Wojciechowski.

Nachdem Russland das Getreideabkommen mit der Ukraine aufgekündigt hat, berät die EU über alternativen Exportrouten. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) kritisierte Russland für diesen Schritt scharf. Er zeige, dass Russland „Hunger bewusst als Waffe einsetzt“, sagte Özdemir vor dem Ministertreffen in Brüssel. Gleichzeitig ermahnte er die EU-Nachbarstaaten der Ukraine zur Kooperation bei der Suche nach alternativen Exportrouten.

Polen, Bulgarien, Ungarn, Rumänien und die Slowakei wehren sich gegen Agrarimporte aus der Ukraine, weil sie einen erneuten Preisverfall für die heimische Landwirtschaft fürchten. Ukrainisches Getreide, das eigentlich nur durch Polen transportiert werden sollte, sorgte etwa im Juni für Probleme, weil es dennoch auf den polnischen Markt gelangte und einen Preisverfall auslöste. Aus Protest blockierten polnische Bauern den Grenzübergang zum östlichen Nachbarland.

Um die Ukraine zu unterstützen, wurde der Handel zwischen der EU und der Ukraine im Sommer 2022 erleichtert. Für Polen, Bulgarien, Ungarn, Rumänien und die Slowakei wurden im Mai dieses Jahres bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse davon ausgenommen. Diese Regelung läuft am 15. September aus. Der Transit bleibt erlaubt. Alle EU-Staaten wollen ermöglichen, dass der Getreideexport in die Staaten des globalen Südens gewährleistet bleibt.

Özdemir versicherte, es sei klar, dass die EU weiterhin an der Seite der Ukraine stehe. „Zweitens ist es klar, dass wir die Anrainer nicht alleine lassen“, ergänzte er. Weil die Getreideexporte aus der Ukraine die Landwirtschaft in den östlichen EU-Staaten stark unter Druck gesetzt haben, zahlt Brüssel Ausgleichsgelder. „Das unterstützen wir nachdrücklich. Was aber nicht geht, ist, dass man das Geld in Anspruch nimmt als Kompensation für die Belastung, gleichzeitig aber die Grenze schließt“, sagte Özdemir.

Zu den Protesten polnischer Bauern am Grenzübergang zur Ukraine sagte der Grünenpolitiker, solche Probleme seien lösbar. Man könne Getreide etwa verplomben und so durch die EU transportieren.

Spaniens Landwirtschaftsminister Luis Planas Puchades versuchte im Anschluss an das Treffen zu vermitteln. Spanien hat derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne. „Es gibt vollständige Solidarität der EU-Staaten mit der Ukraine“, erklärte er. Es sei wichtig, dass die Solidaritätskorridore zum Export von ukrainischem Getreide auch in Zukunft funktionierten. Denn das Ende des Getreideabkommens führe insbesondere zu Problemen in Afrika, Asien und Lateinamerika, wo die Märkte extrem abhängig von den Ausfuhren seien. Solidarität müsse daher funktionieren, „ohne natürlich die Märkte der Anrainerstaaten, die eine gemeinsame Grenze mit der Ukraine haben, in Schieflage geraten zu lassen“, sagte er.