Wohnbaupläne für ehemaliges KZ-Areal

Bauvorhaben auf ehemaligem KZ-Areal
© Matthias Balk/dpa
Ein Investor wolle das ehemalige KZ-Gelände in Bad Sulza entwickeln. Im Hauptgebäude wolle er Wohnungen und auf dem Grundstück Einfamilienhäuser errichten. (Symbolbild)
Investor und Denkmalschutz diskutieren
Wohnbaupläne für ehemaliges KZ-Areal
Ein altes Hotel in Bad Sulza soll nach jahrelangem Leerstand saniert werden. In der Kurstadt bei Weimar zeigt man Interesse am Projekt. Doch der Denkmalschutz zögert. Von 1933 bis 1937 befand sich hier eines der ersten deutschen Konzentrationslager.

Die Fenster im Erdgeschoss sind mit Brettern vernagelt, die Nebengebäude teilweise eingefallen. Die Natur hat sich das große Grundstück in Bad Sulza schon vor Jahren zurückgeholt. Ein Gedenkstein aus DDR-Zeiten und eine verblasste Tafel weisen auf die besondere Bedeutung des Ortes in der NS-Zeit hin: Mitglieder der Thüringer Landtagsfraktion der KPD sind hier interniert worden, Zeugen Jehovas, Juden und politische Gegner des Nationalsozialismus. Das Areal war ein Konzentrationslager.

"Das KZ Bad Sulza war eines der sogenannten frühen Konzentrationslager und direkter Vorgänger von Buchenwald", sagt Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora: "Für viele der hier inhaftierten insgesamt 850 Häftlinge war dieser Ort die erste Station auf einem langen Leidensweg durch weitere Lager und Zuchthäuser." Bad Sulza sei ein "wichtiger Erinnerungsort".

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass das Gebäude am 13. April 1945 in großen Teilen niederbrannte. Nur im Erd- und Kellergeschoss haben sich noch Spuren der KZ-Nutzung erhalten. Landeskonservator Holger Reinhardt vom Thüringer Landesamt für Denkmalpflege zählt sie auf: Umfassungswände im Erdgeschoss und Keller, die Kellertreppe, Eisentüren zu Arrestzellen und deren Fenstergitter seien aus der Zeit erhalten, sagt er.

"Bei einem als Kellerregal genutzten dreistöckigen Etagenbett handelt es sich wohl um ein ehemaliges Häftlingsbett", sagt Reinhardt. Und auch auf dem Gelände hätten sich etwa die Pflasterung aus der KZ-Zeit ebenso wie einige Betonzaunpfosten mit Metallstäben zur Befestigung von Stacheldraht erhalten. All das müsse beim Umgang mit dem Gelände bedacht werden, betont er. Denn es gibt eine Bauvoranfrage.

Wohnung und Einfamilienhäuser sind angedacht

Ein Investor mit Sitz im 50 Kilometer entfernten Riechheim im Weimarer Land wolle das Gelände entwickeln, ist aus Kreisen der Kommunalpolitik zu erfahren. Im Hauptgebäude wolle er Wohnungen und auf dem Grundstück Einfamilienhäuser errichten, wird aus der Bauvoranfrage zitiert. Kreisdenkmalschutz und Kommune wollen die Entwicklung des Areals am nordöstlichen Rand der Stadt gern ermöglichen. Noch steht die Stellungnahme des Landesdenkmalamtes aus. Dessen Behördenleiter Sven Ostritz hat den Fall zur Chefsache gemacht.

"Ich stehe noch ganz am Anfang", sagt der Investor. Die Voranfrage solle klären, was überhaupt auf dem Grundstück möglich sei. Die Bedeutung des Ortes erkenne er an, eine Einbeziehung des Erinnerns an dessen Geschichte werde er grundsätzlich unterstützen. Aber auch bei diesem Bauvorhaben müsse der Aufwand für mögliche Denkmalschutzauflagen im Blick bleiben. "Wie es weitergeht, wird von der Antwort des Denkmalschutzes abhängen", sagt er: "Erst dann kann ich überhaupt planen."

Immer wieder stellen sich Grundeigentümern Fragen, wie mit Orten des NS-Terrors umzugehen ist. Im früheren KZ Jonastal bei Arnstadt wurden noch vor einigen Jahren Häftlingsbaracken abgerissen. In Leipzig gelang es der rechten Szene, ein ehemaliges Außenlager des KZ Ravensbrück zu erwerben. Und in Rudolstadt-Schaala ist vor Jahren ein ehemaliges Kriegsgefangenenlager, in dem der spätere französische Präsident François Mitterrand (1916-1996) in der NS-Zeit inhaftiert war, für Wohnzwecke umgebaut worden.

Dass ehemalige Tatorte des Nationalsozialismus grundsätzlich nachgenutzt werden dürfen, ist sowohl für den Denkmalschutz als auch für Jens-Christian Wagner denkbar. Es seien an diese Nutzung jedoch "hohe ethische Anforderungen" zu stellen, heißt es übereinstimmend. Ostritz betont, eine Nachnutzung solcher Orte sei möglich. Doch dürfe dabei der Charakter des Denkmals nicht verloren gehen. Er sieht noch Beratungsbedarf und hat daher einen weiteren Ortstermin mit dem Investor vorgeschlagen.