Högel-Prozess: Verteidigung zweifelt Mord an

Högel-Prozess: Verteidigung zweifelt Mord an

Oldenburg (epd). Im Prozess gegen sieben ehemalige Vorgesetzte des Patientenmörders Niels Högel zweifelt die Verteidigung einen der zur Verhandlung stehenden Mordfälle an. Eine Anwältin behauptete am Mittwoch vor dem Landgericht Oldenburg, Högel habe zum Tatzeitpunkt nicht gearbeitet, dies gehe aus dem Dienstplan hervor. Sein Spätdienst hätte erst Stunden später begonnen. Högel widersprach. Es sei möglich, dass er bereits vor dem Dienst Rufbereitschaft gehabt oder an dem Tag eine Doppelschicht absolviert habe.

Zwar erinnerte sich Högel lebhaft an Begleitumstände des Falls aus dem November 2001. Nach der Operation habe der Patient K. „gebändigt“ werden müssen, weil dieser „im Bett stand“ und versuchte, sich die Schläuche aus dem Körper zu reißen. Doch wie und wann er den Patienten vergiftete, konnte Högel nicht schildern. Letztlich blieb er bei seiner Aussage, die er auch in seinem eigenen Mordprozess 2018/19 äußerte: „Ich kann mich nicht erinnern, aber auch nichts ausschließen.“

Im weiteren Verlauf des Prozesstages fragten die Anwälte nach Högels erstem Mordprozess 2015. Damals ging es nur um Tötungen im Krankenhaus Delmenhorst. Der damalige Vorsitzende Richter habe mehrfach gefragt, ob er auch zuvor schon in Oldenburg getötet habe, erinnerte sich Högel. Er habe dies damals verneint.

Von dieser Aussage rückte Högel am Mittwoch ab. Auf die Frage eines der insgesamt 18 Verteidiger, ob er 2015 die Wahrheit gesagte habe, entgegnete Högel: „Nein. Damals habe ich gelogen.“ Dies sei aus Scham und Furcht vor härteren Strafen geschehen.

Högel steht im Prozess gegen seine früheren Vorgesetzten als Zeuge vor Gericht. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft hätten sie die Mordtaten Högels mit an „Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ verhindern können. Allen Angeklagten sei von bestimmten Zeitpunkten an klar gewesen, dass von Högel eine Gefahr für die Patienten ausgehe. Zur Verhandlung stehen drei Tötungsdelikte in Oldenburg und fünf in Delmenhorst (AZ: 5 Ks 20/16).

Unter den Angeklagten sind Ärzte, Verantwortliche aus der Pflege und ein früherer Geschäftsführer. Ihnen wird Beihilfe zur Tötung durch Unterlassen vorgeworfen. Der Ex-Krankenpfleger Högel war am 6. Juni 2019 vom Oldenburger Landgericht zu einer lebenslangen Haft wegen 85 Morden verurteilt worden. Bereits 2015 war er wegen weiterer Tötungen verurteilt worden. Er hatte Patienten mit Medikamenten vergiftet, um sie anschließend reanimieren zu können. So wollte er als Lebensretter glänzen.