Experte fordert mehr Geld für rechtliche Betreuung

Experte fordert mehr Geld für rechtliche Betreuung

Rostock (epd). Für das reformierte Betreuungsrecht, das zum 1. Januar 2023 in Kraft tritt, werden nach Ansicht des Betreuungsgerichtstags mehr finanzielle Mittel benötigt. Andernfalls drohe die Gefahr, dass die neuen Rechtsansprüche nur auf dem Papier stünden, sagte der Vorsitzende des Fachverbands, Peter Winterstein, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Reform des Betreuungsrechts soll die Rechte von Menschen stärken, die auf eine Betreuung angewiesen sind. „Um die Rechte stärken zu können, müssen wir allerdings genügend Ressourcen für die zeitlich aufwendigere Arbeit zur Verfügung stellen“, betonte Winterstein.

Das reformierte Betreuungsrecht ist nach Ansicht des pensionierten Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Rostock eine große Chance, um Menschen mit Behinderung besser in die Gesellschaft zu integrieren. Letztlich werde damit ein seit Jahren existierender Rechtsanspruch eingelöst. Winterstein verwies auf Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskonvention. Demnach müssen die unterzeichnenden Vertragsstaaten, zu denen auch Deutschland gehört, „Menschen mit Behinderungen Zugang zu der Unterstützung verschaffen, die sie bei der Ausübung ihrer Rechts- und Handlungsfähigkeit gegebenenfalls benötigen“.

Laut Winterstein muss zudem mehr getan werden, um zu vermeiden, dass ein Mensch mit Einschränkungen überhaupt rechtliche Betreuung benötigt. Dafür müssten andere Formen der Unterstützung stärker gefördert werden, sagte er.

Insgesamt gebe es zu wenige soziale Hilfen vor Ort, kritisiert der Vorsitzende des Fachverbands, dem Juristinnen, Betreuer, Ärztinnen sowie Angestellte von Betreuungsämtern angehören. „Aus diesem Grund hat rechtliche Betreuung oft eine Lückenbüßerfunktion.“ Nach Schätzungen des Betreuungsgerichtstags werden in Deutschland mindestens 1,2 Millionen Menschen rechtlich betreut, weil sie aufgrund geistiger, körperlicher oder psychischer Beeinträchtigungen ihre Angelegenheiten nicht selbst regeln können.

Die Anzahl der berufsmäßigen Betreuerinnen und Betreuer schätzte Winterstein auf 15.000. Etwa die Hälfte aller rechtlichen Betreuungen werde von Familienangehörigen oder Ehrenamtlichen geführt. Ab dem kommenden Jahr sollen ehrenamtliche Betreuer, die nicht Familienangehörige sind, nur dann bestellt werden können, wenn sie eine entsprechende Vereinbarung mit einem Betreuungsverein abgeschlossen haben.

Von 2023 an müssen berufliche Betreuer ein Minimum an Fachkenntnissen belegen können und sich bei der örtlichen Betreuungsbehörde vor ihrer Bestellung registrieren lassen. Winterstein plädierte für verbindliche Fortbildungen.