Vorstoß für teurere Lebensmittel löst Ruf nach sozialem Ausgleich aus

Vorstoß für teurere Lebensmittel löst Ruf nach sozialem Ausgleich aus
Die Forderung von Landwirtschaftsminister Özdemir nach mehr Tierwohl durch höhere Lebensmittelpreise stößt bei Sozialverbänden auf Vorbehalte. Sie betonen, dass die Agrarprodukte für arme Menschen bezahlbar bleiben müssen.

Frankfurt a.M. (epd). Sozialverbände sehen den Vorstoß von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grünen) für höhere Lebensmittelpreise kritisch. Ulrich Schneider, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, mahnte, höhere Preise zum Wohl der Tiere müssten „zwingend mit einer deutlichen Erhöhung der Regelsätze einhergehen“. Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, forderte Entlastungen für Menschen mit geringen Einkommen.

Schneider sagte der Tageszeitung „Die Welt“ (Montag): „Man kann Ökologisches und Soziales nicht trennen. Es geht nur ökosozial, sonst verliert man die Unterstützung der Bevölkerung.“ Er finde Özdemirs Bestreben, für gesündere Fertigprodukte zu sorgen, richtig.

VdK-Präsidentin Bentele begrüßte ebenfalls die Forderung des neuen Landwirtschaftsministers, dass es mehr Tierwohl und mehr gesundes Essen für alle geben soll. Allerdings drohe die Gefahr, dass das für arme Menschen nicht bezahlbar ist. „Die lächerliche Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes um drei Euro ab dem 1. Januar hilft gegen diese Gefahr nicht“, sagte Bentele dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Aber auch viele andere Menschen mit geringen Einkommen bräuchten Entlastung. Um eine gesunde, umwelt- und klimaverträgliche Ernährung für alle Menschen zu erreichen, sollte die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse gesenkt werden, forderte die Präsidentin des Sozialverbandes.

Auch die Union forderte, das Soziale nicht aus den Augen zu verlieren. „Wir werden jedenfalls sehr genau auf die sozialen Auswirkungen achten, denn nicht jeder kann sich Bio-Produkte leisten“, sagt Steffen Bilger (CDU), stellvertretender Unionsfraktionsvorsitzender, der „Welt“.

Özdemir hatte in einem Interview mit der „Bild am Sonntag“ erklärt: „Es darf keine Ramschpreise für Lebensmittel mehr geben, sie treiben Bauernhöfe in den Ruin, verhindern mehr Tierwohl, befördern das Artensterben und belasten das Klima. Das will ich ändern.“ Zwar räumte der Landwirtschaftsminister ein, dass Lebensmittel „kein Luxusgut“ sein dürften. Allerdings müsse der Preis stärker als bislang „die ökologische Wahrheit“ bei der Herstellung der Lebensmittel ausdrücken. Die Preissteigerungen sollten das Einkommen der Bauern erhöhen sowie Tierwohl, Klima- und Umweltschutz stärken.

Der Deutsche Tierschutzbund begrüßte die Kritik des Bundeslandwirtschaftsministers an „Ramschpreisen für Lebensmittel“. „Wir können Cem Özdemirs Forderung nur unterstützen. Es gibt kein Menschenrecht auf Billigfleisch“, sagte der Präsident des Tierschutzbundes, Thomas Schröder. Angesichts des aktuellen „Billigpreissystems“ hätten Landwirte, die auf eine tiergerechtere Haltung setzen wollen, keine Planungssicherheit.