Gedenken an Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz

Gedenken an Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz
Angehörige: Wir brauchen keine Hilfe nur auf dem Papier
Mit 13 Glockenschlägen und dem Verlesen der Namen der 13 Toten ist in Berlin an den islamistischen Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz erinnert worden. Der Bundespräsident räumte Fehler und Versäumnisse des Staates ein.

Berlin (epd). Fünf Jahre nach dem islamistischen Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz mit 13 Toten und mehr als 60 Verletzten hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Fehler und Versäumnisse des Staates eingeräumt. „Wir müssen uns eingestehen: Der Staat hat sein Versprechen auf Schutz, auf Sicherheit und Freiheit nicht einhalten können“, sagte Steinmeier am Sonntagabend in einer ökumenischen und interreligiösen Gedenkandacht mit Hinterbliebenen und Angehörigen in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche.

„Der Staat - und als dessen Vertreter stehe ich hier vor Ihnen - muss diese Fehler korrigieren, er muss bei neuen Erkenntnissen zur Tat weiter ermitteln“, sagte der Bundespräsident. Nur so könne das Vertrauen der Menschen wieder wachsen.

Versäumnisse habe es auch in der Unterstützung der Hinterbliebenen und Verletzten gegeben, sagte Steinmeier: „Das haben Sie bitterlich erfahren müssen.“ Doch es habe auch spürbare Verbesserungen gegeben, und das sei vor allem dem Engagement der Hinterbliebenen zu verdanken.

Bei dem Terroranschlag hatte der tunesische Islamist Amis Amri am 19. Dezember 2016 einen Sattelschlepper in die Besuchermenge des Weihnachtsmarktes gesteuert. Fünf der Todesopfer stammten aus Polen, Israel, Italien, der Ukraine und Tschechien. Das 13. Todesopfer, der 49-jährige Sascha Hüsges, starb im Oktober an den Folgen. Er war beim Erste-Hilfe-Leisten von einem herabstürzenden Gegenstand am Kopf getroffen worden und war seitdem ein Pflegefall.

Der brutale Anschlag habe unserer Art in Frieden, Freiheit und Demokratie zu leben, gegolten, sagte der Bundespräsident: „Mir ist es wichtig, dass wir uns dieses gemeinsame freie Leben nicht nehmen lassen.“

An dem Gedenken nahmen auch der Berliner Regierungschef Michael Müller, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, Bundesinnenministerin Nancy Faeser (alle SPD), die Berliner Bischöfe Christian Stäblein und Heiner Koch sowie jüdische und muslimische Geistliche teil. Stäblein betonte in seiner Predigt, „niemand, der mordet, kann sich je auf Gott berufen. Terror im Namen der Religion lästert und widerspricht Gott“.

Der Regierende Bürgermeister sagte, „wir sind alle immer noch fassungslos“ über den schwersten islamistischen Terroranschlag in Deutschland: „Das sind sehr schlimme Erfahrungen, die uns geprägt haben.“ Der Anschlag habe auch gezeigt, wie wichtig konkrete Hilfe und Unterstützung für die Opfer sei.

Opferbeauftragte hatten zuvor zum Teil scharfe Kritik am Umgang der Behörden mit den Angehörigen geäußert. Die Sprecherin der Hinterbliebenen, Astrid Passin, appellierte an die Behörden, „ebnen sie einen Weg für uns, der nicht lang und steinig sein darf. Betroffene sind wir zeitlebens. Wir brauchen keine Hilfe nur auf dem Papier, wir brauchen Achtsamkeit“. Passin hatte bei dem Anschlag ihren Vater verloren.

Die Bundesinnenministerin erklärte in einem Statement, niemand könne absolute Sicherheit garantieren: „Soweit noch Fragen offen sind, werden wir Antworten suchen. Nichts wird unter den Teppich gekehrt. Das sind wir den Opfern und Hinterbliebenen schuldig.“

Ab 20.02 Uhr, dem Zeitpunkt des Anschlags vor fünf Jahren, schlug die Glocke der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche 13 Mal. Zuvor waren vor den Stufen zur Kirche am Mahnmal „Goldener Riss“ die Namen der 13 Todesopfer verlesen worden.