Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche begeht 60. Kirchweihjubiläum

Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche begeht 60. Kirchweihjubiläum
Vor 60 Jahren schuf der Architekt Egon Eiermann auf dem Berliner Breitscheidplatz ein in seiner Art völlig neues Ensemble von Kirchenbauten. Die acht- und sechseckigen Gebäude mit ihren Betonwabenfassaden sind heute ein Wahrzeichen der Stadt.
19.12.2021
epd
Von Markus Geiler (epd)

Berlin (epd). Die neue Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche hat am Sonntag ihr 60. Kirchweihjubiläum gefeiert. Der von dem Architekten Egon Eiermann (1904-1970) entworfene markante achteckige Betonwabenbau mit seinen blauen Glasbausteinen und der dazugehörige sechseckige Glockenturm waren am 17. Dezember 1961 nach mehr als zweijähriger Bauzeit eingeweiht worden. Gemeinsam mit der Turmruine, dem „Hohlen Zahn“, der im Zweiten Weltkrieg zerstörten alten Kirche, wurde das Ensemble schnell zum Wahrzeichen des damaligen West-Berlins.

An der Einweihung des Kirchbaus nahmen vor 60 Jahren Bundestagspräsident Eugen Gerstenmaier (1906-1986), ein CDU-Politiker und Theologe, und der Regierende Bürgermeisters Willy Brandt (1913-1992) teil. Die Predigt hielt der Berliner Bischof Otto Dibelius (1880-1967). Bei der Übergabe des Bauwerks sagte Eiermann: „Ich wünsche mir und uns allen, dass nie wieder Schatten des Schreckens durch den Traum des Lichts dieser Gläser fallen mögen.“

Sechs Jahrzehnte später erinnerte der Berliner Bischof Christian Stäblein im Jubiläumsfestgottesdienst nochmal an die wechselvolle Geschichte des Ortes. Der Kircheninnenraum mit seinem besonderen blauen Licht sei immer wieder ein Ort der Freude und wie ein „Umhang in Blau mitten in der Stadt“, sagte Stäblein: „Aber diese Freude gibt es hier nicht bruchlos.“

Der Bischof verwies unter anderem auf die Stalingrad-Madonna, ein Bild des deutschen Lazarettarztes Kurt Reuber (1906-1944), das zu Weihnachten 1942 in damaligen Kessel von Stalingrad entstand und heute in der Kirche hängt, und an den „Goldenen Riss“ in den Stufen vor der Kirche. Dieser erinnert an die Opfer des Terroranschlags vom 19. Dezember 2016. Auch die Einweihung vor 60 Jahren habe in „einer Stadt im Schmerz“ stattgefunden, die gerade „frisch geteilt worden war“, sagte Stäblein.

Die Berliner Generalsuperintendentin Ulrike Trautwein sagte, Eiermann habe einen besonderen und modernen Bau geschaffen, „der die gebrochene Geschichte dieser Stadt in sich trägt“. Die Kirche biete zudem eine „besondere Stille“ inmitten der umrauschten City-West.

Der Grundstein für das Ensemble am Breitscheidplatz in der West-Berliner City war am 9. Mai 1959 im Beisein von Bischof Dibelius und von Prinz Louis Ferdinand von Preußen (1907-1994) gelegt worden. Mit den Gebäuden mit ihren charakteristischen Betonwabenfassaden und den markanten blauen Glasbausteinen des französischen Glaskünstlers Gabriel Loire entstand auf dem Breitscheidplatz dann ein in seiner Art völlig neues Ensemble von Kirchenbauten. Bis 1963 folgten die Kapelle und das Foyer-Gebäude im gleichen Stil.

Dabei waren dem Neubau mehrjährige Debatten um den Standort der neuen Kirche und um die politisch zunächst nicht gewollte und von Eiermann nicht vorgesehene Erhaltung der alten Turmruine vorangegangen. Der 71 Meter hohe Turm war vom Vorgängerbau, der 1895 eingeweiht und im November 1943 bei einem Bombenangriff zerstört wurde, übrig geblieben. Er sollte als Mahnmal gegen den Krieg erhalten werden, was schließlich von Eiermann widerstrebend akzeptiert wurde.

Heute ist die Kirche eines der berühmtesten Wahrzeichen Berlins und Mahnmal für Frieden und Versöhnung. Jährlich zählt sie bis zu 1,3 Millionen Besucherinnen und Besucher.