Breitscheidplatz-Anschlag: Kritik am Umgang mit Betroffenen

Breitscheidplatz-Anschlag: Kritik am Umgang mit Betroffenen
Hinweis: Wochenendzusammenfassung 1300, neu: Details
Fünf Jahre nach dem Breitscheidplatz-Anschlag sind viele Wunden noch nicht verheilt. Opferbeauftragte üben scharfe Kritik am Umgang mit den Betroffenen. Die neue Bundesregierung möchte es besser machen.

Berlin (epd). Zum fünften Jahrestag des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz werden Forderungen nach einem besseren Umgang mit Betroffenen lauter. „Bei der Aufklärung der Tat wurden die Opfer nicht mitgenommen, bei der Planung der Gedenkstätte wurden ihre Vorschläge und Wünsche nicht gehört“, sagte die Bundesgeschäftsführerin des Weißen Rings, Bianca Biwer, der „Heilbronner Stimme“ (Samstag). Es sei dem Staat nicht gelungen, den Menschen zu vermitteln, dass das Land mit ihnen trauert.

Der Berliner Opferbeauftragte, Roland Weber, sieht den Umgang mit den Hinterbliebenen der 13 Todesopfer ebenfalls kritisch. Von Anfang an hätte eine sehr unglückliche Kommunikation mit den Betroffenen stattgefunden, sagte er dem Hörfunksender Bayern2 am Samstag. Als Beispiel nannte Weber den Gedenkgottesdienst einen Tag nach dem Anschlag: „Die Opfer hatte man gar nicht berücksichtigt. Es war eine reine Politveranstaltung.“ Erst in den Folgetagen hätten dann die Hinterbliebenen erfahren, ob ihre Lieben tatsächlich verstorben sind.

Auch der scheidende Opferbeauftragte des Bundes, Edgar Franke (SPD), übte Kritik. Wenn sich ein Bürger auf dem Weg zur Arbeit verletze, dann müsse der Staat ihn heute bereits „mit allen geeigneten Mitteln“ rehabilitieren. Es dürfe nicht sein, dass es einen solchen Automatismus bislang nicht gebe und „Terroropfer schlechter versorgt werden“, sagte Franke der „Welt am Sonntag“.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) kündigte an, die neue Bundesregierung werde nach Kräften alles dafür tun, um Opfer und Hinterbliebene von terroristischen Anschlägen bestmöglich zu unterstützen. „Wir wollen den Umgang mit ihnen würdiger und empathischer gestalten“, erklärte er am Samstag in Berlin. Er unterstütze daher die Idee, den 11. März zum nationalen Gedenktag für die Opfer terroristischer Gewalt zu erklären, sagte der Minister.

Die Ampel-Parteien hatten sich im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, dass es einen „nationalen Gedenktag für die Opfer terroristischer Gewalt“ geben soll. Vorgesehen ist dafür der 11. März, der bereits europäischer Gedenktag für die Opfer des Terrorismus ist.

Der ehemalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) lobte das Vorhaben: „Es ist keine kleine Sache, einen Tag der Trauer für Terroropfer einzuführen.“ Die Stunden und Tage nach Terroranschlägen „gehörten zu den bedrückendsten als Minister“, sagte de Maizière der „Welt am Sonntag“. Er habe sich oft gefragt, warum die Gesellschaft für Betroffene von Terroranschlägen nicht mehr Anteilnahme zeige.

Zwölf Menschen waren bei dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz am 19. Dezember 2016 getötet worden. Ein weiterer starb im Oktober dieses Jahres an den Folgen einer schweren Verletzung, die er sich zugezogen hatte, als er Erste Hilfe leistete. Bei dem Terroranschlag steuerte der tunesische Islamist Amis Amri einen Sattelschlepper in die Besuchermenge des Weihnachtsmarktes. Fünf der 13 Todesopfer stammten aus Polen, Israel, Italien, der Ukraine und Tschechien.

Anlässlich des Jahrestags sollte am Sonntagabend eine Gedenkveranstaltung in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche unter anderem mit dem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier und Berlins noch amtierenden Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) stattfinden. Am Mahnmal vor der Kirche war ein stilles Gedenken geplant.