Studie: Alterung gefährdet Sozialsysteme und Staatsfinanzen

Studie: Alterung gefährdet Sozialsysteme und Staatsfinanzen

Gütersloh (epd). Eine neue Studie warnt eindringlich vor negativen Folgen der zunehmenden Alterung der Bevölkerung für Staatsfinanzen und Sozialsysteme. Mit dem beginnenden Übergang der geburtenstarken Jahrgänge in die Rente verschlechtere sich das Verhältnis von Beitragszahlern und Rentnern drastisch, erklärte die Bertelsmann Stiftung zur Veröffentlichung der Untersuchung am Donnerstag in Gütersloh. Gegenwärtig stehen demnach 100 Menschen im erwerbsfähigen Alter etwa 35 Rentnerinnen und Rentnern gegenüber, 2035 seien es laut Prognose bereits 48.

Die Beitragssätze der Sozialversicherungen machen laut Studie aktuell 39,8 Prozent der beitragspflichtigen Einkommen aus. Ohne Reformen drohe dieser Anteil bis 2035 auf 47,9 Prozent zu steigen, so die Berechnungen des Bochumer Sozialpolitik-Professors Martin Werding, der die Studie im Auftrag der Stiftung erstellt hat. Wegen der höheren Abgaben dürften Bruttolöhne und Arbeitskosten stark steigen. Die Folge könnte eine steigende Arbeitslosigkeit sein, wodurch wiederum die Einnahmen der Sozialversicherung sinken würden, hieß es.

Auch für die öffentlichen Haushalte habe die demografische Alterung negative Folgen, hieß es weiter. Die Staatsverschuldung von derzeit 66,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) stiege laut der Prognose bis 2035 auf 71,5 Prozent.

Nach Ansicht der Bertelsmann Stiftung ist die sogenannte „doppelte Haltelinie“ des Rentensystems nicht zu halten. Aktuell gilt, dass das Rentenniveau bis 2025 bei mindestens 48 Prozent des Bruttolohns liegt und der Beitragssatz 20 Prozent nicht überschreitet. Bliebe diese Regelung dauerhaft bestehen, müsse der Bund für „massive Fehlbeträge in der gesetzlichen Rentenversicherung einstehen“, erklärte die Stiftung. Die Bundesmittel würden sich dann auf knapp 181 Milliarden Euro und damit knapp fünf Prozent des BIP „nahezu verdoppeln“.

Um den Entwicklungen gegenzusteuern, schlägt die Stiftung vor, für Beschäftigung und Wachstum unter anderem durch mehr Zuzug von ausländischen Fachkräften und eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen zu sorgen. Einen weiteren Hebel stelle eine Anhebung des Renteneintrittsalters dar. So könnten bei einer Zunahme der Lebenserwartung um ein Jahr nach 2030 zwei Drittel des „gewonnenen Jahres“ der Erwerbsarbeit zugeschlagen werden sowie ein Drittel dem Rentenbezug. Das Rentenniveau würde dann den Angaben zufolge bis nach 2060 bei über 45 Prozent bleiben, der Beitragssatz ließe sich bei 24 Prozent stabilisieren.