Klimagipfel in der Verlängerung

Klimagipfel in der Verlängerung
Verhandler richten sich auf lange Nacht ein
Beim Klimagipfel in Glasgow ringen die Verhandler weiter um eine Einigung. Der Entwurf für eine Abschlusserklärung ist in mehreren Punkten strittig. Eine neue Fassung wird erst für Samstagmorgen erwartet.

Glasgow (epd). Im schottischen Glasgow ist der Weltklimagipfel in die Verlängerung gegangen. Am offiziell letzten Tag der UN-Konferenz am Freitag fanden die Delegierten bei den Verhandlungen über eine Abschlusserklärung keine Einigung. Ein neuer Entwurf für den Beschluss wurde nicht vor Samstagmorgen erwartet. Für Streit sorgten unter anderem ein Passus zum Kohleausstieg, Regeln für einen grenzüberschreitenden Emissionsrechtehandel und die Unterstützung armer Staaten im Kampf gegen den Klimawandel.

Der Sprecher der Entwicklungsländergruppe G77, Ahmadou Sebory Toure aus Guinea, kritisierte vor allem, dass für den Umgang mit klimabedingten Schäden und Verlusten keine ausreichende Hilfe in Aussicht gestellt werde. In diesem Punkt sei die Vorlage der Präsidentschaft „sehr enttäuschend“, sagte er im Plenum. Der jüngste Entwurf, der am Freitagmorgen vorgelegt wurde, enthielt nicht die Forderung der G77, einen eigenständigen institutionellen Rahmen für die Bereitstellung der Mittel aufzubauen, die etwa bei Hochwasser, Stürmen oder Ernteausfällen helfen sollen.

Genannt wurde lediglich eine „Fazilität“, die technische Unterstützung leisten soll. Damit sei zum Beispiel die Planung von Wiederaufbaumaßnahmen gemeint, nicht aber der Wiederaufbau selbst, erläuterte Oxfam-Klimaexperte Jan Kowalzig: „Damit fällt der Entwurf um Längen hinter die Forderungen der vulnerablen Länder zurück.“

Auf Kritik im Plenum stieß auch der Passus zum Kohleausstieg im jüngsten Beschlussentwurf. Der in einer früheren Fassung formulierte Aufruf zum Ausstieg aus der Kohle und aus der Subvention fossiler Energien wurde auf Druck von Schwellenländern abgeschwächt. Im jüngsten Entwurf bezog er sich nur noch auf „ineffiziente“ Subventionen sowie auf Kohle, deren CO2-Emissionen nicht abgeschieden und gespeichert werden. Eine Aufforderung zum Kohleausstieg in der Schlusserklärung wäre eine Premiere bei einem Klimagipfel.

Wie in der früheren Fassung benannte das Papier vom Freitag die Notwendigkeit, den globalen Treibhausgasausstoß bis 2030 um 45 Prozent im Vergleich zu 2010 zu drosseln, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Die Konkretisierung der nötigen Minderung gilt als wesentlicher Fortschritt. Auch werden die Staaten aufgerufen, bis 2022 ihre nationalen Ziele zur Treibhausgas-Minderung nachzuschärfen. Allerdings nimmt das Dokument weiterhin nicht explizit die großen Treibhausgasproduzenten - also die G20-Staaten - in die Pflicht, wie unter anderem von Deutschland gefordert.

Neben der politischen Abschlusserklärung stehen in Glasgow eine Reihe weiterer Beschlüsse zur technischen Umsetzung des Pariser Klimaabkommens an. Das betrifft unter anderem die Regeln für einen internationalen Handel mit Emissionsrechten. Die Verhandlungen darüber sind kompliziert, weil es darum geht, Doppelbuchungen und andere Schlupflöcher zu vermeiden.

Die geschäftsführende Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) sprach am Abend trotz aller offener Punkte von „guten Fortschritten“. Unter anderem begrüßte sie die zahlreichen Klimaschutz-Initiativen, die in den vergangenen Tagen außerhalb der regulären Verhandlungen von der britischen Konferenzpräsidentschaft auf den Weg gebracht wurden. Dazu zählen zum Beispiel Bündnisse zum Ausstieg aus der Kohlefinanzierung und zum Stopp der Entwaldung. Hier habe ein „Paradigmenwechsel“ stattgefunden, sagte Schulze. Es gehe nun bei den Konferenzen nicht mehr nur um Klimaziele, sondern um konkretes Handeln.