Mehrheit junger Politikerinnen hat sexuelle Belästigung erfahren

Mehrheit junger Politikerinnen hat sexuelle Belästigung erfahren

Berlin (epd). Anzügliche Sprüche, respektlose Bemerkungen, eine Hand auf dem Knie: Viele Politikerinnen haben einer Studie zufolge sexuelle Belästigung erfahren. Das geht aus einer am Donnerstag in Berlin veröffentlichten Studie der Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft (EAF) in Kooperation mit dem Meinungsforschungsinstitut Allensbach hervor. Demnach können 40 Prozent der befragten Politikerinnen von Belästigungen berichten, drei Prozent erlebten sie „schon häufiger“. Von den unter 45-jährigen Politikerinnen erlebten sogar 60 Prozent sexuelle Belästigung, sieben Prozent schon häufiger.

Berichtet wird in der Studie unter anderem auch von taxierenden Blicken und unerwünschter Anmache. Zu den Übergriffigkeiten kam es den Angaben zufolge vor allem bei informellen Zusammenkünften, etwa bei abendlichen Treffen auf Parteitagen, Wahlpartys oder Klausurtagungen.

Für die Studie, über die zuerst das ARD-„Mittagsmagazin“ berichtete, wurden 818 Politiker und Politikerinnen aus Bund, Ländern und Kommunen befragt, 525 davon waren Frauen. Ergänzt wurde die Studie um 34 qualitative Interviews, davon 27 Frauen. Zwei von ihnen berichteten darin von Vorfällen, bei denen sogar sexuelle Gefälligkeiten für Förderung oder politische Unterstützung verlangt wurden.

Die Studie geht insgesamt der Frage nach, wie Frauen ihre Situation in Parlamenten und Parteien empfinden. In der Umfrage gaben dabei 65 Prozent der Politikerinnen an, dass an sie andere Erwartungen gestellt würden, sowohl was ihre Leistung betrifft als auch ihr Aussehen und ihr Verhalten. Knapp die Hälfte nimmt wahr, dass Äußerungen von Frauen weniger ernst genommen und sie häufiger unterbrochen werden.

Bei der Frage nach Quoten und gesetzlichen Paritätsregelungen sind die Befragten gespalten, tendenziell sind aber mehr Frauen für feste Vorgaben. So halten der Studie zufolge 58 Prozent der Frauen Quoten in den Parteien für wirksam, während das nur 31 Prozent der befragten Männer finden. Die Hälfte der Politikerinnen ist für gesetzliche Vorgaben für eine paritätische Besetzung von Ämtern und Mandaten, bei den Männern sind es nur 23 Prozent.